Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 231

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21.51

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Hohes Haus! Viele Jahrzehnte hindurch galt Österreich als das Umwelt-Musterland in Europa und im Speziellen in der Europäischen Union. Österreich nahm in Sachen Umweltschutz in vielen Bereichen die Vorreiterrolle ein, zum Beispiel in der Anti-AKW-Politik oder im Abfallwirtschaftsbereich.

Diese Position ist seit dem Amtsantritt dieser Bundesregierung in akuter Gefahr. Unser Land ist auf dem besten Weg, vom Spitzenreiter ins Mittelfeld europäischer Umweltpolitik abzusacken. Umweltschutz wurde in Österreich zu einem Anhängsel degradiert.

Herr Bundesminister! Sie beweisen mit Ihrer Politik eindeutig, dass Ihnen das Thema Umwelt und deren Schutz nur eine lästige Pflicht ist und Sie lieber ausschließlich Landwirtschaftsminister wären. Die negativen Auswirkungen Ihrer nicht vorhandenen Umweltpolitik haben sich selbst schon bis zur Europäischen Kommission durchgesprochen. So kritisierte die schwedische EU-Umweltkommissarin Margot Wallström beim jüngsten Österreich-Besuch die heimische Umweltpolitik sehr deutlich. Neben der verfehlten Politik des Kampfes gegen die Produktion von Treibhausgasen stand vor allem die österreichische Abfallwirtschaftspolitik im Zentrum ihrer Kritik. Das war aus meiner Sicht völlig berechtigt, stellt doch etwa die neue Getränkezielverordnung einen eindeutigen Rückschritt im Bereich des Umweltschutzes dar.

Statt die Verpackungsverordnung so umzugestalten, dass endlich der Kurs in Richtung Schutz der Umwelt geht, wurden von Ihnen, Herr Bundesminister, die rechtlichen Anforderungen zur Müllvermeidung heruntergeschraubt und die Barrieren für Unternehmen gegen die Einwegflut weitestgehend aus dem Weg geräumt. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie soll es gehen?) Statt konkreter Maßnahmen wie etwa einer Einwegabgabe kommen freiwillige Vereinbarungen zum Tragen (Abg. Mag. Schweitzer: Steuern?)  – mit dem Resultat des Öffnens von Tür und Tor für Einwegverpackungen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hoch die Steuern?) Das ist eine Bankrotterklärung für die bisherige Politik der Verpackungs- und Müllvermeidung ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hoch die Steuern?) Ich komme schon noch dazu. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hoch soll sie sein, die Steuer? – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Vor allem geschieht das vor dem Hintergrund, dass der Mehrweganteil bei Getränken von 80 Prozent Mitte der achtziger Jahre auf derzeit rund 50 Prozent gesunken ist. Jetzt werden die ursprünglichen Einzelziele durch eine Verwertungsquote von 80 Prozent über alle Verpackungsstoffe hinweg ersetzt, und das ist eine eindeutige Begünstigung von Einwegverpackungen. Damit wird das ursprüngliche Ziel der Verpackungszielverordnung, die Verwertungsquoten nach und nach zu erhöhen, nicht nur verfehlt, sondern ins Gegenteil verkehrt. Um möglichst vollendete Tatsachen hinsichtlich der Verdrängung von Mehrwegsystemen auf dem Verpackungssektor zu schaffen, soll darüber hinaus die erste Quotenprüfung erst im Jahr 2004 erfolgen.

Der Gipfel des umweltpolitischen Rückschrittes ist aber der Umstand, dass das stumpfe Instrument der Freiwilligkeit für die Wirtschaft, welches sich bereits in der Vergangenheit als untauglich erwiesen hat, auch in dieser Verordnung wieder angewendet wird. Es wird auch in Zukunft keinerlei Sanktionen geben. Diese Bundesregierung schlägt sich wieder einmal ganz auf die Seite der Unternehmen und der Industrie und entspricht ausschließlich den Interessen des Handels. Den Bedürfnissen nach einer nachhaltigen Abfallvermeidungspolitik, nach einer Stärkung der Mehrwegsysteme – alles Themenfelder, die von einem Großteil der heimischen Bevölkerung mitgetragen und unterstützt werden – wird hier leider eine Absage erteilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Während eine Mehrwegflasche aus Glas bis zu 60 Mal wiederbefüllt werden kann und am Ende ihres Umlaufzyklus als Altglas wieder in die Glasproduktion zurückgeführt wird, rechnen jetzt Landes-Abfallverbände mit – und das ist das Unverantwortliche – bis zu einer Verdoppelung des Hausmüllvolumens. Eine Folge dessen sind erhöhte Kosten für die Gemeinden und natürlich erhöhte Kosten für unsere Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein volkswirtschaftliches Negativ-beispiel!


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