Der Herr Bundeskanzler hat es erwähnt, ich darf es noch ergänzen: Vor 30 Jahren gab es noch 112 000 Geburten, vor etwa 10 Jahren, also 1990, noch 90 454 Geburten, im letzten Jahr gab es 78 268 Geburten, und die Prognosen sind nicht gerade so, dass wir uns über einen großen Kinderreichtum in Österreich freuen können. Es gibt also offenbar Gründe, warum es in Österreich weniger Kinder gibt. Das hat sehr viel mit gesellschaftspolitischen Tendenzen, auch mit Fragen des Geldes zu tun. Ich denke daher, dass es für uns alle einen nationalen Konsens darüber geben sollte, dass wir dieser Entwicklung gegensteuern.
Dazu gehört natürlich als Erstes eine Grundeinstellung zu Familien selbst. Ich möchte nicht verhehlen, dass wir als Volkspartei diesbezüglich eine ganz andere Grundeinstellung als Sie als Sozialdemokraten haben. Wir treten für ein Familienbild ein, das die Familienstruktur stärkt, weil wir glauben, dass trotz aller Probleme die Aufgaben von den einzelnen Menschen in der Familie viel besser bewerkstelligt werden als außerhalb der Familie und dass das auch für einen modernen demokratischen Staat eine ungeheure Möglichkeit ist, Demokratie in der Familie zu lernen.
Die erste Sozialisation für einen jungen Menschen findet in der Familie statt. Seine Erziehung, seine Wertprägung, auch das Gefühl von Geborgenheit, von einem Zuhause werden dort entwickelt. Was die Demokratieentwicklung anlangt: Auch die soziale Ordnung wird in der Familie besser vermittelt als in jeder Substitution, ob Kinderkrippe, ob Kindergarten, ob Schule – all das kann Familie nicht ersetzen und soll sie auch nicht ersetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Wir hören von vielen Menschen, nicht nur von unseren Wählern, sondern auch durch die Meinungsumfragen, dass die Sehnsucht der Österreicher, der großen Mehrheit der Österreicher, nach einer solchen intakten Familie da ist, und jeder, der vielleicht selbst negative Erfahrungen in seiner Familie gemacht hat, sehnt sich besonders danach, dass seine Familie einmal gelingen möge.
Ich glaube, es ist das auch ein Leitbild, mit dem wir Familienpolitik betreiben können. Unser Leitbild dazu ist, dass wir eine Familie mit zwei Elternteilen und Kindern haben, weil sich diese Form der Familie über Tausende Jahre bewährt hat und für das Aufwachsen der Kinder wohl die beste Form war, die wir kennen.
Wir verhehlen aber nicht und erkennen natürlich die Situation, dass veränderte Lebensbedingungen, andere Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz durchaus auch ganz andere, vielschichtige Arten des Zusammenlebens zutage bringen. Wir wollen diese Situation nicht verkennen, nicht wegsperren, sondern auch diese andere Art des Zusammenlebens in unsere Politik mit einbeziehen.
Meine Damen und Herren! Es sei aber schon gestattet, dass man als Leitbild sehr wohl auch eine Familie mit zwei Elternteilen und Kindern vertreten kann. Ich denke, dass sich der Großteil der Österreicher diesem Leitbild durchaus anschließen kann.
Die Fragestellung für die Familienpolitik der nächsten Jahre muss daher sein: Welche Bedingungen müssen wir schaffen, damit dieses Österreich noch familienfreundlicher werden kann? – Ich möchte hier eine ganze Reihe von Dingen anführen, die aus unserer Sicht nach der Rückmeldung vieler junger Familien solch entscheidende Lebensbedingungen sind.
Die erste und wichtigste Bedingung ist nicht das Geld, sondern die wichtigste Bedingung ist die gesellschaftliche Anerkennung der Familienarbeit, meine Damen und Herren! Es ist nicht nur die Erwerbsarbeit, die glücklich macht und alles im Leben bedeutet, die Familienarbeit ist genauso wichtig. Ich möchte das für uns und auch für mich persönlich ganz besonders festhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Wenn man selbst die Erfahrung macht – ich würde jedem empfehlen, einmal einige Tage mit allem Drum und Dran für ein Kind zu sorgen (Abg. Dr. Mertel: Zwei Jahre, nicht ein paar Tage!) –, dann erkennt man den Wert von Familienarbeit und weiß, dass das Schwerstarbeit ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Zwei Jahre, nicht ein paar Tage!)