Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 61

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Das Ausmaß der staatlichen Familienförderung, das Geld ist nicht entscheidend dafür, wie familienfreundlich, wie kinderfreundlich ein Land ist! Ich gebe zu: Österreich ist da in vielen Punkten sehr weit. Ja, wir haben, wenn man etwa in die Parks in Wien schaut, überall hervorragend ausgebaute Kindergeräte, mit und auf denen man spielen kann. – Mir fällt aber auch das andere Bild ein: die Höfe, die Innenhöfe, in denen man lesen kann: "Spielen verboten!", "Fußball spielen verboten!" – Auch das gehört leider zu unserem Land, und auch das gehört nicht unbedingt zu einem familien- oder kinderfreundlichen Bild.

In diesem Zusammenhang fallen mir auch die neuen Wohnformen ein, die staatlich geförderte Architektur, nach der das Kinderzimmer stets das kleinste Zimmer in einer Wohnung ist. (Abg. Gatterer: Bei uns nicht!) Auch das gehört zu einem "Leitbild", zu einem, das sich über Jahrzehnte – ohne Beirrung und ohne Veränderung! – weitertradiert hat (Abg. Dr. Martin Graf: Waren da die Sozialisten an der Macht?), obwohl wir wissen, dass das nicht unbedingt das Beste ist, sondern dass da mehr Beweglichkeit hineingehört.

Weiters fällt mir ein, meine Damen und Herren, dass wir in Österreich neun, noch dazu unterschiedliche, Landesgesetze haben, mit denen die Kinderbetreuung geregelt wird! Neun unterschiedliche Landesgesetze – so, als ob wir einen Unterschied zwischen einem Kind in Wien, einem Kind in Niederösterreich, einem Kind in Vorarlberg und einem Kind in der Steiermark machen müssten! (Zwischenruf des Abg. Großruck. ) Das kann doch wohl nicht wahr sein, Herr Kollege Großruck!

Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass der Raum, den ein Kind in einem Kindergarten zur Verfügung hat, in Niederösterreich anders definiert wird als im Burgenland, und dass der Raum, den ein Kind in einer Kinderbetreuungseinrichtung zur Verfügung hat (Zwischenrufe bei der ÖVP), teilweise nicht so günstig definiert ist wie jener Raum, den ein "glückliches Huhn" für seine Freilandhaltung braucht. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Allen Ernstes, meine Damen und Herren!

Wenn wir davon sprechen, dass wir ein familienfreundliches, ein kinderfreundliches Österreich haben wollen, dann haben wir uns auch um die Qualität der Kinderbetreuung zu kümmern! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Qualität und Quantität, meine Damen und Herren, heißt, sich auch darüber Gedanken zu machen, und heißt weiters, von politischer Seite her alle Anstrengungen zu unternehmen, damit der im Europavergleich extrem niedrige Anteil an Kinderbetreuungsformen für ein- bis dreijährige Kinder, wo Österreich fast europäisches Schlusslicht ist, endlich erhöht wird, und zwar nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ, weil es natürlich gute Gründe gibt, warum Eltern ihre Kinder nicht in eine Betreuungsform bringen, von der sie nicht die entsprechende Qualität garantiert wissen, nämlich eine Betreuungsform, in der sich die Betreuungsperson den Kindern nicht wirklich widmen kann! (Abg. Zweytick: Schau dir das einmal bei uns in der Steiermark an! Ich zeige dir das! Das alles gilt für Wien, Karl! Das musst du dazusagen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Warum wird denn in diesem Bereich gespart?! Wir haben eine hervorragende Ausbildung für Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, aber jedes Bundesland – egal, ob das Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland oder etwa die Steiermark ist – spart gerade in diesem Bereich, und zwar genau dort, wo es um Kindergartenhelferinnen, wo es um sogenannte Zuarbeit geht. Gespart wird bei der Ausbildung und bei den Qualitätskriterien, aber das sollte nicht sein! Das sollte wirklich nicht sein!

Wir brauchen Qualität und Betreuung in diesem Bereich, und zwar sehr viel mehr! Doch das, meine Damen und Herren, hat nichts mit dem Kinderbetreuungsgeld, sondern mit der Kinderbetreuung zu tun! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Zeit ist mindestens so wichtig wie Geld. Wo sind denn die sozialen Zeiten, die Partner und Partnerinnen haben, die gemeinsamen Zeiten, die die Beziehung lebbar machen? Welche sozialen Zeiten bleiben denn dann, wenn der eine Partner um diese Zeit, der andere um jene arbeiten muss?! Da findet doch die Kommunikation nur mehr


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