Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 62

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über den kleinen Pin-Zettel, den man am Kühlschrank anheftet, statt! Das ist doch auch ein Punkt, über den wir uns unterhalten sollten, Herr Stummvoll, und zu dem auch die Wirtschaft ihren Beitrag leisten kann, ja leisten muss!

Mir fällt da der schweizerischer Arbeitgeberpräsident ein, der sich vor kurzem dazu bekannt hat, dass die schweizerische Wirtschaft anders vorgehen muss, um den Frauen die Möglichkeit zu geben, vollberechtigt in der Wirtschaft, an der Arbeit teilzunehmen. Ich betone: vollberechtigt! Er hat auch zugegeben: Wir haben da enorme Fehler gemacht.

Ich hätte mir gewünscht, Herr Kollege Stummvoll, dass auch von Ihrer Seite einmal ein Bekenntnis dazu käme, dass da vieles geändert werden müsste, anstatt zu sagen, dass Sie von der Wirtschaft, indem Sie Geld zur Verfügung stellen, ohnehin alles geleistet haben!

Es braucht das Recht auf Teilzeitarbeit, und diese Frage stelle ich auch: Warum nicht auch das Recht auf Familienurlaubszeiten? Das Recht auf Pflegefreistellung sollte, ja müsste erweitert werden, auch beispielsweise in Richtung homosexueller Partnerschaften. (Die Abgeordneten Mag. Lunacek und Dr. Glawischnig erheben sich von ihren Plätzen und halten für längere Zeit eine große "Regenbogen-Fahne" über ihre Bankreihe gespannt. – Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Was soll dieser Aktionismus wieder?)

Warum, meine Damen und Herren, sollen homosexuelle Menschen nicht auch Familien gründen können? Warum sollen homosexuelle Menschen nicht auch Beziehungen eingehen können, die vom Staat unterstützt werden – "unterstützt" wenigstens in dem Sinne, dass sie nicht kriminalisiert werden, unterstützt in dem Sinn, dass etwa das Recht auf Pflegefreistellung auch für diese Lebensform gewährt wird?! (Beifall bei den Grünen. – Die Abgeordneten Mag. Lunacek und Dr. Glawischnig halten weiterhin die "Regenbogen-Fahne" über ihre Bankreihe gespannt.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Lunacek, Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Änderung des Urlaubsrechtes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine gesetzliche Neuregelung des Urlaubsrechts wie folgt vorzulegen:

In § 16 Abs. 1 letzter Satz ist vor dem Wort "Lebensgemeinschaft" der Ausdruck "verschieden- oder gleichgeschlechtliche" einzusetzen.

*****

Meine Damen und Herren! Partnerschaften sind vielfältig, Familien sind vielfältig. Das ist nicht reduzierbar auf Vater-Mutter-Kind! Es gibt Alleinerziehende, es gibt homosexuelle Partnerschaften, es gibt "Patch-work-Familien", Familien also, wo sich die Partner getrennt haben, die aber selbstverständlich auch ein Recht darauf haben, diese Beziehungen noch zu leben, wenn sie sie leben wollen und leben können. (Beifall bei den Grünen.)

In all diesen Fällen muss sich der Staat überlegen, diese Partnerschaften zu ermöglichen, sie zu unterstützen – bei all ihren Schwierigkeiten. Das ist die Anforderung an ein familienfreundliches Österreich. Dieser Begriff ist etwas weiter gespannt als diese Ihre enge – wirklich enge! – Vorstellung, unter der sich eine Familie zu entwickeln hat. An dieser Enge leiden wir in diesem Lande, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! An dieser Enge zerbrechen Partnerschaften, weil ihr "Leitbild" so hochgestellt ist, dass es viele nicht erreichen können! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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