Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 111

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Schutz des Arbeitsmarktes im Zusammenhang mit dem kommenden EU-Beitritt zu denken. Da bestehen ja massive Differenzen.

Es sollte daher klargestellt werden, dass sich die Bundesregierung mit diesem Geld nicht davon freikauft, sich für die Interessen der Heimatvertriebenen auf internationaler Ebene einzusetzen, auch wenn vielleicht die Forderungen der Heimatvertriebenen für manche in- oder ausländische Minister störend und lästig sein mögen. In diesem Sinne hoffe ich, dass es hier bald zu einer Einigung kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

15.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mühlbachler. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.19

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als junger Gemeinderat hatte ich ein Erlebnis, das mich emotional zutiefst beschäftigt hat: Sudetendeutsche aus dem Mühlviertel haben darum ersucht, in Freistadt ein Hartauer-Denkmal errichten zu dürfen. Hartauer ist der Verfasser des Liedes "Tief drin im Böhmerwald".

Da gab es dann im Gemeinderat eine Auseinandersetzung, die ich damals nicht verstanden habe. Eine Partei hat sich dezidiert dagegen ausgesprochen und hat mit einer Aussendung des Österreichischen Dokumentationszentrums des Widerstandes argumentiert, wonach diese Heimatvertriebenen tatsächlich alle pauschal in eine nationalsozialistische Ecke gedrängt wurden. Das hat mich damals beschäftigt und noch mehr beschäftigt, als ich dann Vertriebenen-Sprecher der Österreichischen Volkspartei werden durfte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von Anbeginn an war mir klar, die Geschichte der Heimatvertriebenen muss neu geschrieben werden, anders dargestellt werden als bisher, denn da gibt es keine Pauschalurteile, da gibt es keine eindeutige Zuordnung in Lager. Ich kann Ihnen als Bürgermeister von Freistadt sagen, diese Heimatvertriebenen finden sich in allen politischen Lagern. Ob Sozialdemokraten, ob Freiheitliche, ob Grüne, ob Volksparteizugehörige – sie widerspiegeln einfach das Bild unserer Gesellschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher bin ich sehr froh darüber, dass es jetzt Konsens darüber gibt, dass dieses Neuaufrollen der Geschichte der Heimatvertriebenen auch abgesichert wird. Denn diese 100 Millionen Schilling sind nicht als Wiedergutmachung zu verstehen, könnten auch gar nicht als solche verstanden werden, sondern sollen das "Haus der Heimat", in dem alle Verbände unter einem Hut untergebracht sind, in der Existenz absichern und sollen auch gewährleisten, dass es zukünftig Forschungsaufträge über die Geschichte der Vertriebenen gibt. Das erscheint mir wichtig – wichtig deswegen, weil ich glaube, dass gerade diese Leute ein Anrecht darauf haben, dass sie wieder von ihrer Vergangenheit sprechen können, öffentlich sprechen können, ohne dabei gleich in irgendeine Ecke gestellt zu werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das meine ich sehr, sehr ernst. Da geht es um Leute, die darüber traurig sind, dass sie nach wie vor durch Beneš-Dekrete oder AVNOJ-Beschlüsse benachteiligt sind, die liebend gerne ihre Heimat besuchen, die keine weiß Gott wie großen Ansprüche stellen, obwohl sie enteignet worden sind, obwohl sie ihrer Heimat, ihrer existenziellen Grundlage beraubt worden sind, sondern die schlicht und ergreifend vor aller Welt dokumentieren möchten, dass ihnen Unrecht zugefügt worden ist.

Verstehen Sie bitte diese 100 Millionen Schilling so, dass gerade dem Verband der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs Gerechtigkeit vor der Geschichte widerfährt. Das ist das große Anliegen, nichts anderes. Ich bitte Sie alle darum, dass Sie in diesem Sinne einem Antrag zustimmen, der darauf hinausgeht, wenn alle Voraussetzungen abgeklärt sind – sie werden bald abgeklärt sein –, dass diese 100 Millionen zur Existenzsicherung dieses Anliegens eingesetzt werden. Darum ersuche ich Sie recht höflich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.25


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