Sie 1995? Denn: Es ist ganz klar, dass diese Prägungstheorie nicht mehr gilt, und schon gar nicht für das Alter zwischen 14 und 18 Jahren. Das ist wissenschaftlich erwiesen.
Aber es geht da gar nicht vorrangig um die Wissenschaft, sondern um Menschenrechte, um das Recht junger Menschen, in diesem Fall von Burschen zwischen 14 und 18 Jahren, sich ihre Sexualpartner selbst auszusuchen und nicht riskieren zu müssen, dass dieser Sexualpartner dafür ins Gefängnis muss. Wenn das Ihre Vorstellung von Jugendlichen ist, von Aufklärungsarbeit und Ähnlichem, dann sitzen Sie sicher auf dem falschen Zweig.
Die Absurditäten, die dieses Gesetz und die Anwendung dieses Gesetzes – und die Richter müssen es anwenden; sie versuchen dann in irgendeiner Form, es nicht anwenden zu müssen, oder rufen glücklicherweise auch den Verfassungsgerichtshof an, wie vor kurzem das OLG Innsbruck – mit sich bringen, wie etwa den Entzug eines Führerscheins, weil das Wohnmobil für den Sexualakt gedient hat und eventuell dieses Wohnmobil oder ein anderes Auto wieder als Tatwerkzeug verwendet werden kann, sprechen für sich. Das ist aber nicht nur absurd, sondern es werden auch Existenzen dabei zerstört, wie zum Beispiel dadurch, dass der Führerschein entzogen wird.
Wenn dann Landeshauptmann Pröll sagt: Das ist alles rechtlich in Ordnung!, dann muss ich sagen: Rechtlich mag es schon in Ordnung sein, aber menschen rechtlich ist es nicht in Ordnung, menschen rechtlich ist das eine Schande für unser Land! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Wie erklären Sie diese Absurdität den jungen Menschen? – Stellen Sie sich einmal vor, Sie haben eine Tochter, die 15 Jahre alt ist, und diese hat einen 17-jährigen Freund. Stellen Sie sich vor, die beiden haben dann zwei Jahre eine Beziehung. Dann ist die Tochter 17, und der Freund ist 19. Auf einmal könnten Sie oder könnte irgendjemand auf der Straße, der die beiden sieht, den 19-Jährigen anzeigen. Die Staatsanwaltschaft müsste verfolgen, und der könnte dafür bis zu fünf Jahre ins Gefängnis kommen. Was würden Sie dann Ihrer Tochter sagen? Würden Sie dann sagen: Ja, das ist das Gesetz!? – So wie Dr. Khol einmal gemeint hat: Das ist das Gesetz, daran müssen sich alle halten! – Für heterosexuelle Jugendliche gilt das nicht, auch nicht für lesbische, aber für Schwule oder für junge Männer, die ausprobieren wollen, was sie im Leben wollen. – Ja, auch ausprobieren! Wer von Ihnen hat das in diesem Alter nicht getan?
Der Herr Bundeskanzler hat heute früh gesagt, er wolle den Menschen ins Zentrum stellen. – Ich sage: Ja, tun Sie es! Tun Sie es von der ÖVP! Machen Sie das! Schaffen Sie endlich dieses für Österreich schändliche Gesetz ab!
Ich finde es schon interessant, dass der Bundeskanzler heute in der "Presse" zitiert wird mit der Aussage, das sei derzeit überhaupt keine Diskussion in der ÖVP. Frau Justizsprecherin Fekter hingegen will anscheinend eine parteiinterne Arbeitsgruppe tagen lassen.
Frau Dr. Fekter, wo waren Sie in den letzten zehn Jahren? Wo haben Sie die Diskussionen mitverfolgt oder eben nicht mitverfolgt, dass Sie jetzt noch lange Diskussionen führen müssen, bei welchen vielleicht irgendeine "hatscherte" Lösung von eventuell 16 Jahren für alle herauskommt? So etwas zu Beginn des 21. Jahrhunderts: das Strafrecht für freiwillige Sexualbeziehungen?! – Das ist der falsche Weg! Sie wissen es ganz genau. Die Faktenlage ist klar.
Ich finde es außerdem interessant, dass da anscheinend der Koalitionssegen etwas schief hängt, auch wenn ich sehr erfreut bin, dass die Vizekanzlerin und auch der Herr Klubchef Westenthaler meinen, wir müssen uns sehr wohl eine Änderung überlegen. Der frühere Justizminister Ofner hat noch viel klarer und auch früher schon gesagt: Ersatzlos streichen ist die einzige Alternative! – Jetzt bin ich sehr neugierig, wer sich in der Koalition durchsetzen wird. In diesem Fall – und das ist wahrscheinlich ein sehr seltener Fall – hoffe ich, dass sich der frühere Justizminister Ofner mit seiner Meinung durchsetzt und die ÖVP dazu bewegt, hier auch endlich Flagge zu zeigen, und sei es die Regenbogenfahne, und zu sagen: Dieser Paragraph gehört ersatzlos gestrichen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)