Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 129

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Wie schon Dr. Kostelka gesagt hat: Wenn Sie nicht wollen, dass der Verfassungsgerichtshof Sie, dieses Hohe Haus auffordern wird, dieses Gesetz endlich zu ändern beziehungsweise diesen Paragraphen ersatzlos zu streichen, wenn Sie nicht wollen, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in ein paar Jahren entscheiden wird, dass hier eine Änderung notwendig ist, wenn Sie nicht wollen, dass das Europaparlament – wie es das jetzt schon fünfmal gemacht hat – noch einmal fünfmal sagen muss: Österreich, dieser Paragraph gehört weg!, dann handeln Sie jetzt! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich bin ja mit der Parole "speed kills" nicht wirklich einverstanden, denn die mörderische Geschwindigkeit hat weder im Straßenverkehr noch in der Gesetzgebung etwas verloren, aber in diesem Fall wäre Geschwindigkeit angesagt, bevor noch weitere junge Männer deshalb ins Gefängnis müssen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist abgelaufen!

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Deshalb noch einmal der Appell: Stimmen Sie dieser Fristsetzung zu! Legen Sie diesem Parlament bis Juli einen Bericht vor, der die ersatzlose Streichung des § 209 StGB enthält! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die weiteren Diskussionsbeiträge stehen jeweils 5 Minuten zur Verfügung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

16.42

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein Thema, das sicherlich nicht dazu geeignet ist, damit in der Tagespolitik zu punkten zu versuchen, und insofern verstehe ich die ÖVP auch nicht ganz. Ich stehe auch nicht an, zu sagen, dass von Seiten der FPÖ in einer Art und Weise mit diesem Thema umgegangen wird – und das ist ein brisantes Thema, und zwar nicht erst seit jüngster Zeit, sondern bereits seit vielen Jahren, seit 1995 im Besonderen, weil damals diese Frage auch im Rahmen einer wissenschaftlichen Betrachtung innerhalb Österreichs geklärt werden konnte –, wo ich sagen muss: Das ist eigentlich die Art und Weise, wie man Diskussionen führen sollte, und ich bin dankbar dafür. Ich glaube, es ist gut für das Klima dieses Landes, dass man sich von Seiten der FPÖ diesem Thema mit der entsprechenden Verantwortung nähert.

Was mir irgendwo Befremden bereitet und was wirklich bedrückend ist, ist, dass sich die ÖVP oder Teile davon – ich glaube, es dürfte sich doch um die gesamte Gruppe handeln, weil der Bundeskanzler ja gesagt hat, es gebe keine Diskussion – so wahnsinnig schwer tun und ein derartiges Unvermögen zeigen, mit diesem Thema wirklich sachlich umzugehen. Das ist jetzt kein Vorwurf, sondern es ist eigentlich eher Ausdruck einer Betroffenheit, weil ich die Art und Weise, wie Sie hier auf Debattenbeiträge reagieren, nicht verstehen kann; sie erscheint mir völlig unangemessen. Sie wollen sich offensichtlich nicht damit auseinander setzen, dass es Wissenschafter gibt, die außerhalb jedes Verdachtes stehen – sofern es das hier überhaupt geben kann –, für die eine oder andere Seite parteipolitisch Stellung zu nehmen, und die dargelegt haben, dass es eine wirklich völlig unnachvollziehbare Haltung ist, die in keiner Weise mit dem gerechtfertigt werden kann, was Kollegin Fekter vermutlich im nächsten Debattenbeitrag hier wieder erklären wird.

Es ist Herr Professor Max Friedrich, der sagt – unter Bezug auf Michalek; das war im Jahr 1995; Kollegin Lunacek hat diese Enquete ohnedies erwähnt –, dass es Schutzparagraphen gibt, die das, was er als schützenswert erachtet, auch schützen, dass die Ausnützung einer Zwangslage, eines Autoritätsverhältnisses, dass Gewalt gegen Unreife und dass Ausnützung ausdrücklich gesetzlich geregelt sind und dass es hier um nichts anderes geht als um den Versuch, mit einem Gesetz eine Zuneigung von Personen untereinander zu regeln. Das ist etwas, was eigentlich völlig unerträglich ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek. )


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