Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 130

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Es ist für mich unbegreiflich, dass man einfach nicht das Vermögen und die Größe hat, sich diesem Thema wirklich ohne diese Verklemmtheit, ohne diese erschaudernde Borniertheit und ohne dieses Unverständnis zu nähern. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek. )

Es ist schauerlich, und ich verstehe hier eigentlich den Unterschied nicht, und ich muss sagen: Wenn Sie wenigstens in eine interne Klausur gingen und das regeln würden und sich wenigstens diese Einwürfe und diese unerträglichen Erklärungen sparen würden, die jegliches Menschenrecht verhöhnen! Wir reden hier von Menschenrechten, meine Damen und Herren! Nicht umsonst hat der UNO-Ausschuss für Menschenrechte schon 1998 die Aufforderung normiert, den § 209 StGB aufzuheben. Im Vertrag von Amsterdam, Artikel 13, ist es ausdrücklich normiert, dass es als bekämpfenswert erachtet wird, sexuelle Orientierungen zu diskriminieren, und dass das daher hintanzuhalten und zu verbieten ist.

Wir haben eine Reihe von Entschließungen des Europäischen Parlaments vorliegen, mit denen Sie aufgefordert werden, den § 209 StGB ersatzlos zu streichen. Es geht um die ersatzlose Streichung des § 209 StGB und nicht um eine Änderung wegen vorgeschobener Schutzbedürfnisse, die nicht vorhanden sind. Bitte, lösen Sie sich von der Idee, dass es hier darum geht, auf Jugendliche, auf Kinder in irgendeiner Weise Autorität auszuüben, dass es darum geht, Autorität zu missbrauchen oder Gewalt anzuwenden! Das ist nicht der Fall! Hier geht es um reine Zuneigungen – ohne irgendeinen strafrechtlichen Hintergrund. Letzteres ist geregelt! Ich appelliere an Sie: Erklären Sie doch nicht der Öffentlichkeit, dass es hier um etwas geht, was nicht der Fall ist!

Es gibt sechs Entschließungen des Europäischen Parlaments, die fordern, diese Bestimmung aufzuheben. Der Verfassungsgerichtshof befasst sich deshalb damit, weil das Oberlandesgericht Innsbruck sagt: Diese Regelung ist nicht menschenrechtskonform, diese Regelung muss fallen!

Haben Sie doch die Größe, das anzuerkennen, und nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, die in Sachen Menschenrechte auf Ihnen lastet! Bekennen Sie, dass es sich hier um ein Menschenrecht handelt, und entscheiden Sie, noch bevor der Verfassungsgerichtshof diesbezüglich seine Entscheidung trifft! Ich habe keine Zweifel hinsichtlich der Art und Weise, wie diese Entscheidung ausschauen wird, aber ich glaube, dass Sie ein Mindestmaß an Würde beweisen könnten, wenn Sie von sich aus diese Entscheidung träfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek. )

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

16.48

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Kollege Kostelka! Herr Präsident, Sie verzeihen mir, dass ich zuerst Herrn Kostelka auch namens meiner Fraktion hier verabschieden und ihm alles Gute für seine neue Arbeit wünschen möchte. Ich bin überzeugt, dass es eine gute Zusammenarbeit mit dem Parlament geben wird. Wir werden Sie ja dann hier wieder sehen, aber halt nur auf der anderen Seite dieser Bänke. Also ich wünsche Ihnen in meinem und im Namen der ÖVP alles Gute. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Nun zu einem Thema, bei dem ich schon mehrmals hier heraußen gestanden bin. Neu ist dabei, dass wir derzeit einen Antrag des Oberlandesgerichtes Innsbruck vorliegen haben, die Verfassungsmäßigkeit von § 209 StGB zu prüfen, und zwar bezieht sich dieser Antrag auf das unterschiedliche Schutzalter zwischen Mädchen und Burschen. Das Argument ist ja nicht neu, es ist immer wieder gebracht worden, dass das angeblich nicht verfassungskonform wäre. Es hat im Jahr 1989 ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gegeben, das aber damals noch von der "Prägetheorie" ausging, die heute von Wissenschaft und Lehre eigentlich verworfen worden ist.

Der zweite Punkt, der im § 209 StGB zu einer eher unbefriedigenden Situation führt, ist jener, dass dort das 19. Lebensjahr erwähnt wird, obwohl wir eigentlich die Großjährigkeit insgesamt


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