Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 156

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Diese haben sich von "verhaltensgestörten" über "verhaltensauffällige" bis hin zu "verhaltensoriginellen" Kindern weiterentwickelt.

Ich glaube, dass es auch für den "verhaltensoriginellen" Schüler (Abg. Haigermoser: Der Pirklhuber ist auch verhaltensoriginell!) nicht wirklich möglich ist, das grundsätzliche Bildungsziel in einer AHS, nämlich die Studierfähigkeit, zu erreichen. Das ist meine persönliche Auffassung. Und ich glaube auch, dass es für viele nicht möglich ist, das Bildungsziel in einer BHS – Studierfähigkeit oder Berufsfähigkeit – zu erreichen.

Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass behinderte Schülerinnen und Schüler in Einzelfällen Teilziele erreichen können, vorausgesetzt, man lässt ihnen genügend Zeit. (Abg. Dr. Lichtenberger: Von welchen Behinderungen reden Sie?) Schulversuche in einjährigen Schulen haben gezeigt, dass mit einer hundertprozentigen Zeiterstreckung, Frau Kollegin Lichtenberger, Teilerfolge erreicht werden können. Aber das ist es dann schon. (Abg. Dr. Lichtenberger: Von welchen Behinderungen reden Sie?) Wir reden von der geistigen Behinderung, weil Körper- und Sinnesbehinderte natürlich alle Möglichkeiten im AHS- und BHS-Bereich haben. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist nicht wahr!) Das ist klar und muss ein für alle Mal klar bleiben, Frau Kollegin. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es geht hier eindeutig um die geistige Behinderung. Das bedeutet aber, dass im Bereich der AHS und der BHS eine Integration, so wie sie von Ihnen und von der SPÖ gefordert wird, nicht möglich ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das stimmt nicht! – Abg. Heinisch-Hosek: Das stimmt nicht!)

Es gibt Untersuchungen dazu, und ich zitiere aus einer: "Die Erreichbarkeit der Ausbildungsziele ist auf Grund der hohen Ansprüche sowie der nötigen Abstraktion, die ein Folgen des Unterrichts voraussetzt, bei geistig und mehrfach Behinderten nicht gegeben. Auch ein Erreichen von Teilfähigkeit ist höchst unwahrscheinlich. Es wäre sogar" – jetzt hören Sie gut zu! – "kontraproduktiv, Behinderte permanent mit dem eigenen Scheitern zu konfrontieren, wenn man Anforderungen einer AHS oder BHS an sie stellt."

"Es wäre" – und das wiederhole ich im Interesse der Kinder, die Sie, so habe ich den Eindruck, manchmal zwangsbeglücken wollen – "sogar kontraproduktiv, Behinderte permanent mit dem eigenen Scheitern zu konfrontieren." – Das heißt also, es ist – und das sagen uns Experten – das, was Sie verlangen, auch im Interesse der Kinder nicht sinnvoll. (Abg. Dr. Lichtenberger: Was sinnvoll ist, definiert der Kollege Schweitzer!)

Bleibt noch ein anderer Bereich: Das ist die Integration im Bereich der Fachschulen, die Sie auch fordern. Damit das überhaupt möglich ist, muss – das müssen wir zur Kenntnis nehmen – die Wirtschaft erst Teilfähigkeiten anerkennen. Abschlüsse an einer Fachschule sind für Integrationsschüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf – damit wir beim richtigen Ausdruck bleiben – kaum erreichbar, Frau Kollegin. (Abg. Heinisch-Hosek: Das muss man auch definieren können!) Es ist eine Diskussion darüber auch gar nicht zu führen, weil die Voraussetzungen von der Wirtschaft noch gar nicht geschaffen wurden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Nun habe ich Sie im Ausschuss gefragt – nicht Sie, Sie waren ja nicht dabei, Frau Kollegin Lichtenberger, aber ich habe Ihre Kollegen gefragt –: Wie stellen Sie sich das vor? Wie definieren wir die Lernziele dann? Welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sollen diese Integrationsschüler dann erwerben können, erwerben müssen? Welchen Lehrplan werden Sie Ihren Forderungen zugrunde legen? (Abg. Heinisch-Hosek: Wissen Sie das nicht?) Wie soll eine allfällige Beurteilung aussehen? Was passiert nach der Matura mit diesen Integrationsschülern? Wie geht das dann auf der Uni weiter?

Sie wollen ja offensichtlich nach oben hin alles möglich machen. Dann müssen Sie aber auch sagen, wie und unter welchen Rahmenbedingungen man das vor anderen auch argumentiert und erklärt. Sie kommen ja dann noch hier heraus und sprechen dazu. Geben Sie mir eine Antwort auf die Frage: Muss ein Behinderter auch in der ersten oder zweiten Leistungsstufe einer Hauptschule sein oder kann er aus der dritten Leistungsstufe dann direkt in die AHS oder BHS einsteigen? Geben Sie mir einmal eine Antwort, wie Sie das regeln wollen.


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