Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 21

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Österreich von einem Tagespendler-Volumen überrannt werden, das wir nicht verkraften können. Da möchte ich dem Bundeskanzler und der Außenministerin ausdrücklich unsere Anerkennung dafür zollen, dass sie es erreicht haben, dass mittlerweile die Kommission die Verhandlungsposition einer siebenjährigen Übergangsfrist für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer übernommen hat. Das ist das Verdienst dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mittlerweile ist das von Ungarn bereits akzeptiert, was ein sehr wichtiges Präjudiz für die nächsten Verhandlungen mit anderen Beitrittskandidaten darstellt. Ich denke, damit ist eine sehr wichtige Hürde auch für die österreichische Bevölkerung in einem sehr befriedigenden Ausmaß genommen worden.

Die schwedische Präsidentschaft hatte aber auch mit dem irischen Referendum, das ein knappes Nein zum Vertrag von Nizza gebracht hat, zu kämpfen – überraschenderweise und nicht durch die Schuld der schwedischen Präsidentschaft. Ich denke, die Gründe dafür müssen vor allem von den Iren auf den Tisch gelegt werden, aber entscheidend ist für uns, wie wir damit umgehen.

Ich möchte auch hier klare Worte dafür finden und namens meiner Fraktion sagen, dass es falsch wäre, würde man die 524 000-Nein-Stimmen der Iren einfach wegwischen und sagen: Sie können den Prozess in Europa nicht aufhalten! – Das wäre der völlig falsche Weg. Wir müssen es ernst nehmen, und das heißt, dass wir daraus lernen müssen und auch Konsequenzen ziehen müssen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf einige der Konsequenzen, die wir uns vorstellen, in die Diskussion dieser Aktuellen Stunde einbringen.

Erstens: Es hat sich an diesem Abstimmungsergebnis gezeigt, dass es nicht genügt, ein paar Wochen vor einem Referendum über den Vertragstext und die Formulierungen, die in Nizza geboren wurden, zu sprechen. Es bedarf einer sehr viel politischeren, auf das jeweilige Land zugeschnittenen Diskussion, damit der Bevölkerung bewusst wird, was eine Vertragsänderung für sie unmittelbar bedeutet. Das bedeutet für uns Österreicher: Wir sollten daraus lernen, dass wir damit beginnen, in diesem Erweiterungsprozess die Bevölkerung ständig darüber zu informieren, welche nächsten Schritte geplant sind, was es für sie konkret bedeutet, wenn diese Erweiterung stattfindet, und wie die Begleitmaßnahmen aussehen.

Ich bin daher wirklich davon angetan, dass die Bundesregierung jetzt unmittelbar beginnt, im Rahmen der Österreich-Plattform diesen Dialog mit der Bevölkerung aufzunehmen. Die erste Veranstaltung in Gmünd, bei der sich Politiker auch unmittelbar an der Grenze der Bevölkerung stellten, war ein Schritt auf dem Weg, den wir ganz konsequent gehen müssen. – Das ist die erste Schlussfolgerung, die auch wir in Österreich aus dem irischen Referendum ziehen müssen.

Zweitens: Wir kennen die Skepsis, die es auch in Österreich gibt, und wir müssen darauf reagieren. Diese Skepsis gegenüber Europa bezieht sich oft auf Institutionen, weil der Eindruck entsteht, dass man selbst ohnmächtig ist, keine Rechte hat, jemandem ausgeliefert ist. Bei näherer Betrachtung erscheint das als nicht richtig, aber wir müssen dennoch auf Grund dieser Empfindungen vieler Österreicher auch in einer Art mit Argumenten und mit zukünftigen Rechten reagieren, dass dieser Eindruck in Zukunft nicht mehr entstehen kann.

Ich glaube daher, wir alle sollten uns im Post-Nizza-Prozess bemühen, dass wir die Bürger der Europäischen Union mit Rechten ausstatten, die sie auch im Rahmen Europas geltend machen können. Ich denke dabei an verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, wie wir sie in Österreich kennen, die wir auf europäischer Ebene schaffen können und die den Bürgern auch das Bewusstsein vermitteln, dass sie Rechte in Europa haben, die auch einklagbar sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Drittens müssen wir auch ganz offen darüber reden, was derzeit zu viel an Europa auf dem Tisch ist. Wir, die ÖVP, treten dafür ein, dass wir im Post-Nizza-Prozess


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