Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 74

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das wirklich so sehen, aber diese Richtung erkennen Sie vielleicht an. In Ihren Köpfen aber sind Familien immer noch vorrangig verheiratete Paare mit Kindern.

Sie sollten moderne Familien anerkennen, so breit, wie sie auch in dieser Gesellschaft vertreten sind (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), so breit, wie es zum Beispiel auch im Bericht des Europaparlaments, der heute dort diskutiert wird, über die Lage der Grundrechte in der Europäischen Union steht. Dort heißt es zum Beispiel, dass die Zahl der nicht traditionellen Familien und Alleinerziehenden in den Mitgliedstaaten ständig ansteigt. Sie sollten das anerkennen und sollten nicht nur das traditionelle Familienbild anerkennen, sondern zum Beispiel auch Familien, in denen es lesbische und schwule Eltern gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da fragen Sie: Wie soll denn das gehen? – Sie wissen das ganz genau, und Sie kennen wahrscheinlich selber lesbische Paare und schwule Paare, die mit Kindern zusammenleben, die eigene Kinder haben. Wie schaut es denn mit denen aus? Hat die Partnerin einer lesbischen Mutter auch das Recht auf das Kinderbetreuungsgeld, oder ist das für Sie keine Familie? Sagen Sie dann: Nein, Familien sind nur Verschiedengeschlechtliche, sind, wenn überhaupt, nur Verheiratete!? Kann diese Frau die sechs Monate in Anspruch nehmen oder nicht? – Diese Antwort würde ich gerne noch von Ihnen hören. (Abg. Achatz: Ganz klar und bewusst: Nein! Ganz klar: Nein!)

Ganz klar: Nein. – Das heißt, Sie diskriminieren Familien. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das heißt, Sie diskriminieren Familien, und Sie verstoßen damit ganz eindeutig gegen die Grundrechtscharta der Europäischen Union, die auch Sie, Herr Bundeskanzler, zumindest zur Kenntnis genommen haben. (Widerspruch bei dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundeskanzler Dr. Schüssel. )

Dort heißt es nämlich in Art. 21 – ich darf es Ihnen vorlesen –: Diskriminierungen, insbesondere – und dann werden viele aufgezählt – Diskriminierungen auf Grund der sexuellen Ausrichtung, sind verboten. (Abg. Dr. Khol: Dann ist es keine Familie! – Abg. Mag. Schweitzer: Dann sind es keine Familien! Es geht ja um Familien!)

Wenn Sie das ernst nehmen, meine Damen und Herren, dann gibt es Familien, in denen eben zwei Frauen Eltern sind, Familien, in denen zwei Männer Eltern sind, weil sie Kinder haben. Die gibt es. Die gibt es auch in diesem Land, auch wenn Sie es vielleicht nicht glauben wollen. Ich kenne einige davon, und die haben genauso das Recht, als Familie anerkannt zu werden, und die haben das Recht, Kinderbetreuungsgeld zu erhalten. (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit bei der ÖVP.) Deswegen gilt auch hier: Sie diskriminieren, und es gibt dieses Kinderbetreuungsgeld nicht für alle. (Abg. Mag. Kukacka: Zwei Frauen können keine Kinder haben! Eine lächerliche Argumentation! Zwei Frauen als Eltern gibt es nicht!)

Vielleicht sollte ich Ihnen noch einen Passus vorlesen. Dass in dieser Grundrechtscharta steht, dass diese Diskriminierung verboten wird, das habe ich schon zitiert. In dem Entschließungsantrag, der ebenfalls heute im Europaparlament diskutiert wird und bezüglich dessen es interessant sein wird, wie die Europäische Volkspartei, die Christdemokraten sich verhalten – im Ausschuss haben sie sich der Stimme enthalten; ich bin neugierig, ob die Christdemokraten morgen bei der Abstimmung zustimmen werden –, in diesem Antrag steht nämlich auch drinnen, dass Diskriminierung auf Grund der sexuellen Ausrichtung im Straf- oder Zivilgesetzbuch zu verbieten und zu verurteilen ist, und zwar in jedem Mitgliedstaat.

Das heißt, wenn die Europäische Volkspartei, wenn das Europaparlament dem zustimmen wird, dann ist es wieder einmal so, dass Österreich als Mitgliedsland der Europäischen Union diese Grundrechte nicht einhält.

Meine Damen und Herren! Um Ihnen die Chance zu geben, ein Signal zu setzen, dass Sie dennoch bereit sind, die Grundrechte in der Europäischen Union einzuhalten, bringe ich hiermit einen Entschließungsantrag ein, in dem es darum geht, das Urlaubsrecht abzuändern. Etwas ganz Einfaches: das Urlaubsrecht, das Pflegeurlaub für erkrankte Familienangehörige regelt.


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