Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 114

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Das vertreten Sie mit? – Die Arbeitnehmerinteressen werden mit Sicherheit dort nicht deutlicher vertreten werden können. Ganz im Gegenteil! (Abg. Gaugg: Wer sagt Ihnen das?) Das Einzige, was passiert, ist, dass gegen die ÖVP nichts mehr beschlossen werden kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Und das nehmen Sie in Kauf für den einen oder anderen verlorenen Sitz für einen Freiheitlichen oder eine Freiheitliche? Das ist mir wirklich unverständlich. Haben Sie überhaupt gemerkt, dass Sie die Sozialversicherung in die Hände der ÖVP geben? Was haben Sie dafür bekommen? (Abg. Nürnberger: Die ÖIAG! – Abg. Öllinger: Den Vizekanzler!) Was ist das wert, dass Sie die Interessen der Arbeitnehmervertreter hier sinnlos aufs Spiel setzen? (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Für diese Novelle, die einzig und allein im parteipolitischen Interesse der ÖVP steht, nehmen Sie erstens schwerwiegende Verfassungsbrüche in Kauf, Herr Bundeskanzler, und zweitens – und das wundert mich schon ganz besonders – nehmen Sie schwerste Beschädigungen der Sozialpartnerschaft als Institution in Kauf. Ich habe noch gut im Ohr, wie der Herr Khol hier am Rednerpult die Vorzüge der Sozialpartnerschaft beschworen hat (Abg. Dr. Khol: Ja! – Abg. Gaál: Jetzt tritt er sie mit Füßen!)  – damals etwas zur Kritik der Grünen. (Abg. Haigermoser: "Sozialpartnerschaft neu" heißt das Ganze jetzt!) "Sozialpartnerschaft neu" heißt das bei Ihnen? (Abg. Haigermoser: Das ist eine neue Qualität!) Alles, was Sie machen, ist, dass Sie eine Lawine in Gang gesetzt haben, eine Lawine, deren Stillstand in keiner Weise abzusehen ist. Das haben Sie in Gang gesetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Niemand weiß, wo diese Lawine stehen bleiben wird, und die morgige Demonstration des ÖGB, die wir Grünen voll unterstützen, ist nur ein kleines Symptom für das, was Sie hier ausgelöst haben. Die Brüche des Vertrauens innerhalb der Sozialpartnerschaft als Institution werden Sie so leicht nicht wieder kitten können. Da sollte ich weniger den Herrn Graf von der FPÖ anschauen als vielmehr die Kollegen und Kolleginnen von der ÖVP. (Abg. Haigermoser: Wen Sie anschauen, ist Wurscht! – Abg. Dr. Khol: Es wird dadurch nicht wahrer!) Es wird nicht wahrer, weil es wahr ist , Herr Kollege Khol. Etwas, was wahr ist, kann nicht wahrer werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich beschränke mich in diesem mündlichen Vortrag unserer Dringlichen Anfrage im Wesentlichen auf diese zwei Bereiche, den ORF und die Sozialversicherung beziehungsweise die Institutionen der Sozialversicherung, weil ich glaube, dass sie die krassesten Fälle darstellen von dem, was wir hier sehen: Kopfjägerei. Aber allen von uns ist noch im Kopf, was sich in den letzten Wochen und Monaten im Bereich der ÖIAG abgespielt hat. Da muss ich schon fragen: Das wollen Sie uns im Ernst als neues Regieren verkaufen? (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Sicher! – Abg. Dr. Khol: Natürlich!) Das ist ja Uralt -Regieren!

Ich nehme nur den Fall Grasser und AUA und Ditz. Der Finanzminister lässt dem Vorstandsvorsitzenden der ÖIAG und Aufsichtsratsvorsitzenden der AUA über die Medien ausrichten, dass er den Vorstand der AUA zu entfernen hat. – Herr Kollege Khol, kommt Ihnen das nicht bekannt vor aus den sechziger, siebziger und noch aus den achtziger Jahren, wo SPÖ-Minister, sei es der Bundeskanzler, sei es ein anderer zuständiger Minister, immer wieder jenseits des Aktienrechts interveniert haben, versucht haben, ihre Wünsche durchzusetzen? Und jetzt rühren Sie kein Ohrwaschel, wenn Ihr Koalitionspartner, die FPÖ – in diesem Fall der Herr Finanzminister Grasser –, genau das Gleiche macht? Er kennt das Aktienrecht offenbar nicht, und wenn er es kennt, ist es ihm ganz Wurscht.

Der Finanzminister hat überhaupt keine formalrechtlichen Möglichkeiten, hier einzugreifen, und das muss er auch wissen. (Abg. Dr. Khol: Ja, das weiß er!) Nichtsdestoweniger macht er genau das. Das nennen Sie "neu regieren", das nennen Sie Entpolitisierung? Was hier in Wirklichkeit geschieht, ist exakt das Gegenteil: die totale Politisierung öffentlicher Institutionen und öffentlicher Unternehmen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

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