Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 67

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Der ORF war ja nicht so schlecht, meine Damen und Herren. In den Zeiten eines Gerd Bacher, aber auch später, war der ORF berühmt für seine europaweiten Innovationen (Abg. Öllinger: Krawattenzensur!), ob das der Informationsauftrag war oder ob das bestimmte Sendungstypen waren. Da war doch der ORF eigentlich jene Anstalt, an der sich viele andere öffentlich-rechtliche Sender orientiert haben. Frage: Ist das heute auch noch so? Diese Frage – Qualität und anspruchsvolle Programme – muss doch unser gemeinsames Ziel sein. Und das wollen wir mit diesem neuen Programm auch sicherstellen.

Ich glaube, dass der ORF auch wirtschaftlich nicht geschwächt wird, auch wenn Österreich jetzt bunter wird. Zum ersten Mal – Peter Westenthaler hat darauf hingewiesen –, 17 Jahre nach Deutschland, wird jetzt bundesweites Privatfernsehen, und zwar österreichisches Privatfernsehen  – nicht nur über das Kabel verteilt – möglich sein.

Eines sage ich hier auch sehr offen. Ich nehme jene Programmmacher, jene privaten Programmmacher, die sich heute mühsam anstrengen, aber per Gesetz nicht die Möglichkeit haben, ihre Sendungen terrestrisch zu verbreiten, in Schutz. Warum sollen sie nicht auch ein österreichisches Programm mit einer österreichischen Programmkomponente senden können?

Eines ist mir auch in den letzten Jahren aufgefallen: Eine Milliarde Schilling ist an Werbevolumen in die so genannten Österreich-Fenster von Kabel- oder Satellitenprogrammen abgeflossen. Diese eine Milliarde Schilling – oder wenigstens ein größerer Teil davon – hätte durch österreichisches Privatfernsehen durchaus hier in Österreich in einem Programmschema Platz gehabt. Und das wollen wir nun ermöglichen. Daher wird Österreich durch dieses Gesetz auch bunter und freier. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gab viel Kritik: Der ORF wird das nicht aushalten. Er wird wirtschaftlich geschwächt werden. Er bekommt Auflagen und bestimmte Einschränkungen in der Werbung. – Dazu stehe ich 100-prozentig, denn ein öffentlich-rechtlicher Sender darf eben nicht alles tun, was ein privater tut. Dafür hat er das Recht, Gebühren – und gar nicht wenig an Gebühren, 5 Milliarden Schilling – von seinen Hörern und Sehern einzubehalten.

Nur, die Wahrheit – und ich bin ja immer für die Versachlichung der Diskussion – ist Folgende: Der ORF hat gerade eine Rekordbilanz vorgelegt, die sich sehen lassen kann. Dafür ist sicherlich auch der Geschäftsführung zu gratulieren – neidlos und von allen Fraktionen zu gratulieren. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. )

Die Basis dieser Rekordbilanz im vorigen Jahr waren 35 Minuten Werbung pro Fernsehkanal und etwa 140 Minuten im Radio. Ab jetzt, bitte, wird der ORF auf jedem Fernsehkanal nicht 35 Minuten, sondern 42  Minuten Werbezeit haben; und er kann das auf das gesamte Jahr durchrechnen. Jeder, der behauptet, durch dieses Gesetz würde der ORF geschwächt, kann keine Bilanz lesen, meine Damen und Herren! Ich sage das hier sehr direkt und brutal. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Zweites sage ich hier auch sehr offen: Auch wir haben verzichtet – nicht nur, dass Politiker aus dem Stiftungsrat hinaus müssen, dass in ihm keine Ministersekretäre mehr Platz haben, wir verzichten auch auf Belangsendungen zur wichtigsten Sendezeit, die bisher kostenlos ausgestrahlt werden mussten. Alleine dieser Verzicht auf die Gratisbelangsendungen kostet alle politische Parteien zusammen in einer Legislaturperiode – würde ich einmal sagen – mehr als 100 Millionen Schilling. Diese Zeit kann der ORF natürlich kostengünstig verkaufen, nämlich in der Prime Time an private Kunden. Das heißt, er bekommt zusätzlich, jedenfalls in der Placierung, einen enormen Vorteil, den er hoffentlich auch nützen wird.

Alle Legenden, der ORF werde ausgehungert, der ORF werde geschwächt, werde wirtschaftlich nicht überleben, sind lächerlich. Das ist weder beabsichtigt und wird auch nicht stattfinden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Cap! Sie sind mit dem langen Zeigefinger hergekommen. Ich sage Ihnen: Jeder, der mit dem Zeigefinger auf andere zeigt, sollte immer bedenken, dass drei Finger auf einen selber zeigen. Genau das ist auch in Peter Westenthalers Redebeitrag hervorragend zum


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