Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 32

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Aber ich sage Ihnen: Von 27 auf 38 ist dieses Gremium vergrößert worden, und aus einer Mehrheit der Arbeitnehmervertreter, die gut so war – denn die Arbeitnehmer sind die überwiegende Mehrheit der Versicherten! –, wird eine Mehrheit der Arbeitgeber.

Und aus der Mehrheit von Rot, die der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter einigermaßen entspricht, wird eine Mehrheit von Schwarz-Blau. Aber Blau kommt nur als kleines Tüpfelchen vor, Herr Kollege! Eine Partei wie die ÖVP, die bei den letzten Nationalratswahlen 25 Prozent erzielt hat – und dabei verloren hat –, eine Partei wie die ÖVP, die bei den Arbeiterkammerwahlen verloren hat, schafft es über dieses Gesetz, mit 25 Prozent 58 Prozent der Vertreter im Hauptverband zu erzielen. Das ist ein kalter Putsch; daran gibt es nichts zu deuteln. Das ist ein kalter Putsch! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

So macht man es, wenn man machtgierig und machtgeil ist, aber das hat mit der Vertretung von Versicherten – egal, ob über Arbeitnehmer oder Arbeitgeber oder direkt über Versicherte – nichts mehr zu tun. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. )

Ihnen geht es nicht nur um diese Macht, sondern Ihnen geht es auch darum – das sei hier klar gesagt –, über diese Strukturveränderungen die Sozialversicherung als solche zu verändern. Natürlich geht es Ihnen darum! Darüber ist noch nicht gesprochen worden: Der 20-prozentige Selbstbehalt, Herr Dr. Stummvoll, wenn ich das so sagen darf, von dem Sie sich jetzt in einer tatsächlichen Berichtigung distanziert haben, steht ja in der Koalitionsvereinbarung. Das ist doch Ihre Koalitionsvereinbarung! Oder distanzieren Sie sich von Ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung? (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.  – Abg. Dr. Puttinger: Da steht auch etwas anderes drinnen!) In der Koalitionsvereinbarung steht: Die Versicherungspflicht soll diskutiert werden.

Und da sind sie ja, die schon reihenweise nicken und meinen, man müsse durchaus in diese Richtung denken. Da sind sie ja schon auf der Regierungsbank, die sagen, die Unfallversicherung brauchen wir nicht, die schaffen wir vielleicht ab – was den Unternehmen sehr entgegenkommen würde, weil es die Lasten für die Versicherung auf die Arbeitnehmer abwälzt. – Da sind ja schon Konzepte angedacht, bei denen es darum geht, für die Freizeitunfälle etwas von den Versicherten zu kassieren. Da sind ja schon die Vorschläge, die in Richtung mehr Selbstbehalt gehen. (Zwischenruf des Abg. Donabauer. )

Herr Donabauer! Sie regen sich ganz gezielt auf. Sie wissen genau, Sie haben bei dieser Sache ein schlechtes Gewissen. Das wissen Sie genau. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Bezeichnend für dieses Klima, Herr Donabauer, ist, dass alle Kritiker – und die kennen Sie sehr gut aus Ihren eigenen Reihen –, ob das Herr Dirnberger ist, ob das Herr Dinkhauser ist, ob das die "anderen Zwerge" von diesen 50 000 sind, zu denen auch ich gehört habe, einer Meinung sind. – Auch ich habe mitdemonstriert und habe mir das angehört, und ich bin stolz darauf, bei diesen 50 000 dabei gewesen zu sein! (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. )

Ich danke diesen 50 000, dass sie bewiesen haben, dass es nicht egal ist, wohin die Sozialversicherung geht (anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPÖ), während Sie hier im Parlament sitzen und gesessen sind und eine machtgeile Reformnovelle nach der anderen beschließen – gestern beim ORF, heute beim Hauptverband. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie werden bezahlt, um zu arbeiten, nicht um zu demonstrieren!)

Freuen Sie sich nicht zu früh! Jetzt müssen die Versicherten noch für Ihre Kurpfuscherei zahlen, aber der Tag der Abrechnung kommt, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Der Tag der Abrechnung kommt: Das ist der Wahltag! (Abg. Dr. Puttinger: Freilich!) Das ist der nächste Wahltag auch in der Arbeiterkammer. Da wird es Ihnen nicht mehr so leicht gelingen, die Mehrheitsverhältnisse, die jetzt schon so klar sind, noch einmal durch eine ASVG-Novelle zu korrigieren. Der Tag der Abrechnung sind Wirtschaftskammerwahlen, der Tag der Abrechnung sind auch Nationalratswahlen. (Abg. Dr. Stummvoll: Jede Wahl ist eine Abrechnung!)


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