Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 133

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Eines der zentralen Anliegen unserer Sozialpolitik muss die Garantie der sozialen Zukunftssicherung sein. In Österreich besteht ein auf der Arbeitsleistung seiner Menschen aufgebautes, gut funktionierendes Sozialsystem. Aus grundsätzlichen Überlegungen heraus haben wir uns mehrmals für die Beibehaltung des Modells der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung ausgesprochen. Bei allen Überlegungen zu Reformen in diesen Bereichen gilt die Priorität der sicheren Versorgung aller Bürger im Fall der sozialen Bedürftigkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Andere Versicherungsformen können vermutlich nur schwer sicherstellen, dass sich die Beitragszahlung an der Höhe des Einkommens orientiert, die Leistungen aber allen in gleichem Maße offen stehen. Die gesetzliche Krankenversicherung gibt schließlich die Gewissheit, auch bei schwerwiegenden Gesundheitsrisiken den Versicherungsschutz nicht zu verlieren. Gerade im Bereich der Krankenversicherung muss verhindert werden, dass es zu einer Zweiklassenmedizin kommt, bei der sich nur die Wohlhabenden adäquate medizinische Versorgung leisten können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es muss allen, egal, ob reich oder arm, eine ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung zur Verfügung stehen.

Änderungen sowohl in der Arbeitswelt als auch in der demographischen Zusammensetzung der Bevölkerung verpflichten uns aber auch, andere Systeme auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen. Die Bundesregierung hat daher die im Regierungsübereinkommen angekündigte Überprüfung, in welchen Bereichen ein Übergang, vor allem aber eine Ergänzung der Pflichtversicherung durch eine Versicherungspflicht sinnvoll ist, durch die Einsetzung einer Expertengruppe eingeleitet. Derzeit tagen Fachleute, die in naher Zukunft einen Endbericht über ihre Gespräche verfassen werden. In keinem Falle darf es jedoch zu einer Verschlechterung im Verhältnis zum bisherigen System kommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist nicht daran gedacht, in die Kompetenzen der Kollektivvertragsverhandler einzugreifen. Im Gegenteil. Schon jetzt ist es bestehendes Recht der Sozialpartner, Lohnerhöhungen und Arbeitszeitregelungen auf Basis des Gesetzes auszuverhandeln. Das Regierungsübereinkommen sieht zusätzlich eine Ausweitung in dem Sinn vor, dass Regelungen der flexiblen Arbeitszeit in jenen Branchen, für die es keinen Kollektivvertrag gibt, auch auf Betriebs- und Einzelvereinbarungsebene möglich sein sollen.

Wie bereits angesprochen, sind die Sozialpartner durch die Bundesregierung aufgefordert, einen Vorschlag zur Erneuerung des bestehenden Abfertigungssystems zu unterbreiten. Aufgabe der Sozialpartner ist es dabei, dafür Sorge zu tragen, dass es sich um ein System handelt, das für die Wirtschaft leistbar ist, gleichzeitig aber auch die Ungerechtigkeiten des bestehenden Abfertigungssystems endlich beseitigt.

Es ist vor allem auch im Lichte der von der Regierung angestrebten nachhaltigen Sicherung unseres Lebensstandards im Alter nicht einzusehen, weshalb nur ein kleiner Teil der Beschäftigten überhaupt eine Abfertigung bekommen soll. Insbesondere Beschäftigte in Saisonberufen, die unfreiwillig unter häufigem Arbeitsplatzwechsel leiden, erlangen keinen Abfertigungsanspruch.

Die bestehende Stufenregelung führt zu Ungerechtigkeiten und ungewollten Kündigungen durch die Dienstgeber, denen nun der Anreiz genommen werden könnte. Gleichzeitig wird dadurch die Mobilität der Dienstnehmer gesteigert.

Abschließend ist noch anzumerken, dass die Forderung an die Bundesregierung, einen Anspruch auf Abfertigung ab dem ersten Tag auch bei Selbstkündigung zu gewährleisten, einiger Aufklärung bedarf. Wissen die Antragsteller überhaupt, was damit gemeint sein soll?

Um einen Abfertigungsanspruch im Sinne des bestehenden Systems kann es sich wohl kaum handeln, denn wie sollte dieser gerecht ermessen werden? Abgesehen davon geht das Regierungsprogramm von der Annahme aus, dass Beitragszahlungen in eine Abfertigungskassa nach Ablauf eines Dienstjahres zu erfolgen haben.


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