Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 45

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staat, die Verfassung und die Menschenrechte aufzukündigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Terroristen haben nicht nur Menschen, sie haben auch den Rechtsstaat und die Demokratie angegriffen, und gerade deshalb ist es so wichtig, nicht von innen her Rechtsstaat und Demokratie anzugreifen, sondern sie zu stärken und zu verteidigen. Das sind unsere wirklichen Aufgaben.

Meine Damen und Herren! Die Menschen in Österreich erwarten von uns und erwarten insbesondere von der Bundesregierung wirkliche Initiativen für mehr Sicherheit und für effiziente Terrorismusbekämpfung. Ich frage mich in den letzten Tagen und Wochen, ob sie es damit wirklich ernst meint. Glauben Sie wirklich, es reicht auch in den Augen der internationalen Öffentlichkeit, wenn die österreichische Bundesregierung hier in Wien sagt: Toll, Überflüge, wir sind voll solidarisch!, und man besucht in einem Wettlauf ohnegleichen alle Emirate, alle Staaten des Nahen Ostens bis China und die USA? Ist der Wettlauf: Wer kann als Erster irgendwo einen Besuch machen – die Außenministerin, der Bundeskanzler oder der Bundespräsident? wirklich das Wichtigste, was Sie im Moment zu tun haben? Hilft ein Schwertertanz des Bundespräsidenten in Saudi-Arabien wirklich bei der Terrorismusbekämpfung?

Meine Damen und Herren! Es geht doch um etwas ganz anderes: Mit Wintereinbruch – und darauf hat uns die Menschenrechts-Hochkommissarin der Vereinten Nationen aufmerksam gemacht – droht Zehntausenden Menschen in Afghanistan der Erfrierungstod.

Glauben Sie, es kann der Krieg einfach so weitergeführt und in Kauf genommen werden, dass der Preis für diesen Krieg möglicherweise Zehntausende unschuldige Tote sind? Wo ist die große österreichische Initiative zur Bekämpfung des Flüchtlingselends, zur Unterbrechung der Bombardements nach der Aufforderung der Hochkommissarin? Wo ist all das? Wo ist das Geld, wo sind die Millionen, wo sind die Milliarden? Wo ist die großzügige Hilfe? Wo ist das Engagement? Wo ist eine Initiative für die Zukunft von Afghanistan?

Die Allianz unter der Führung der USA erklärt, das dortige Regime werde gestürzt. – Das ist ein Hoffnungsschimmer für die afghanische Bevölkerung. Aber soll das Regime durch die nächste USA-freundliche Miliz ersetzt werden, oder brauchen wir nicht eine Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen, um in Afghanistan eine demokratische Alternative zu ermöglichen? Und wo ist die österreichische Initiative? Wo ist das österreichische Engagement? – Der Wettlauf zwischen Bundespräsident, Bundeskanzler und Außenministerin um Fotos, Motorbootfahrten im Roten Meer und Schwerttänze ist ja wohl nicht jene Initiative, auf die wir warten.

Was passiert beim Einsatz von chemischen und biologischen Waffen? Was wird getan, um eine Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern? Wie werden österreichische Gesetze geändert, damit bestimmte Staaten mit Nähe zum internationalen Terrorismus keine österreichischen Bioreaktoren, keine Agrarchemikalien mehr erhalten?

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung und von der Koalition! Sie sind uns diese Antworten schuldig geblieben.

Ich honoriere das gemeinsame Ergebnis Nationaler Sicherheitsrat. Das ist derzeit nicht mehr als eine Institution. Ich honoriere das klare Bekenntnis zumindest eines Teils der Bundesregierung zum Friedensprojekt Osterweiterung. Das ist zumindest bei einer Partei eine gewisse politische Sicherheit. Aber jetzt geht es darum, konkrete Solidarität zu zeigen – nicht nur von österreichischem Boden aus zu applaudieren, sondern wirklich etwas zu tun: den Menschen zu helfen und den Terrorismus konkret zu bekämpfen.

Das wäre die österreichische Solidarität, die ich mir bisher leider noch etwas vergeblich von dieser Bundesregierung erwartet habe, aber vielleicht steigt da heute noch eine Schwalbe auf. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.52


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