Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 121

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Das war die größte illegale Freisetzung von gentechnisch verändertem Mais, die es in Österreich jemals gegeben hat. Allein in Kärnten waren 1 000 Hektar davon betroffen, in Oberösterreich ungefähr 2 000 Hektar, Ähnliches galt auch für die Steiermark, das Burgenland und Niederösterreich. Es gab zahlreiche betroffene Flächen, aufgebrachte Bauern und auch aufgebrachte KonsumentInnen.

Ganz abgesehen vom zögerlichen Verhalten von Minister Haupt – der uns gerade verlassen hat –, der das Gentechnikgesetz zu exekutieren gehabt hätte, sieht dieses Gesetz in diesem Bereich wirklich sehr eindeutige Regelungen vor. Man kann sich jetzt die Frage stellen: Was war die Konsequenz aus diesen Vorfällen? Was ist danach passiert? – Die einzige Konsequenz war nicht, wie Sie es vielleicht erwarten würden, meine Damen und Herren, dass man jetzt strengere Kontrollen durchführt und sagt, wir tun alles, was in unserer Macht steht, um zu verhindern, dass Ähnliches im nächsten Jahr wieder passiert, wir treffen Vorsorgemaßnahmen. – Nein!

Die einzige Konsequenz war jene, dass am Freitag ein Entwurf für eine Grenzwertverordnung in Begutachtung geschickt wurde. Und in dieser Grenzwertverordnung ist, wie der Name schon sagt, vorgesehen, dass es künftig Grenzwerte im Saatgutbereich geben soll, wobei man bedenken muss, dass Saatgut ein strategisch wichtiger Bereich auch für die Zukunft ist, was die Ausbreitung der Gentechnik in Österreich betrifft.

Sieht man sich diese Verordnung so an, kommt einem der Verdacht, dass man damit im Nachhinein offensichtlich legitimieren will, was im Sommer schief gelaufen ist, denn dies ist eine Verordnung, die die Verunreinigung durch Gen-Saatgut schlicht und einfach zulässt, zwar gewisse Grenzwerte einzieht, aber sonst keinerlei Probleme löst.

Das ist meiner Meinung nach einfach eine Niederlage in unserem jahrelangen Kampf gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft und in Lebensmitteln, zu dem sich mehr oder minder alle Parteien in diesem Haus bekannt haben.

Wie Sie wissen, ist die Gentechnik – und gerade dieser spezielle Teil – wirklich eine Herzensangelegenheit von mir. Ich setze mich seit Jahren mit diesem Thema auseinander, und umso schmerzlicher empfinde ich es, Herr Minister, dass Sie jetzt auf die Vorfälle im Sommer einfach nur mit dieser Verordnung reagieren und ansonsten keine Maßnahmen treffen. Unter dem Titel "Rechtssicherheit im Saatgutsektor stärken" wurde eine Aussendung gemacht, in der vergangenen Freitag diese Verordnung angekündigt wurde. Die Frage ist nur: Rechtssicherheit für wen? – Sicher nicht für die Bauern, sicher nicht für die Konsumenten, sondern Rechtssicherheit für die betroffenen Firmen! Das ist eigentlich eine "Lex Pioneer", wenn man sich das genau ansieht!

Es sind Toleranzwerte von 0,5 Prozent im konventionellen Bereich und 0,1 Prozent im biologischen Landbau vorgesehen. Dies läuft unter dem Titel "technische Unvermeidbarkeit" oder "Zufälligkeit".

Mit dieser Strategie der Nach sorge anstatt der Vor sorge werden wir binnen kürzester Zeit überall gentechnisch veränderte Organismen finden. Ich stelle mir schon die Frage, wie Sie das eigentlich verantworten können. All die Verunreinigungen, die es in Zukunft geben wird, werden natürlich "technisch unvermeidbar" oder "zufällig" sein – das bietet sich ja geradezu an.

Was mich in diesem Zusammenhang besonders schmerzt, ist, dass die Strategie der Gentechnikkonzerne, die gerade bei den Konsumenten immer auf Widerstand gestoßen sind – die Konsumenten haben immer gesagt, wir wollen diese Technologie nicht –, diese Strategie des – unter Anführungszeichen – "Unterjubelns" nun eigentlich aufgeht; denn wenn man Grenzwerte einführt, sind auch eine Akzeptanz und ein Eingeständnis des Gesetzgebers gegeben. Es wird gesagt: Wir sind in diesem Bereich machtlos, wir können nichts dagegen unternehmen, die GVOs sind überall drinnen und weil wir uns nicht wehren können, ziehen wir Grenzwerte ein. – Das ist in meinen Augen die völlig falsche Strategie! Ich kann nicht verstehen, wie Sie so etwas überhaupt in Erwägung ziehen können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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