Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 120

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sind die Verhandlungen gescheitert – die Formulierung: "Der Nationalrat lehnt ein Veto gegen den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union ab, weil dadurch weder eine Inbetriebnahme Temelíns verhindert wird noch ein Mehr an Sicherheit für die österreichische Bevölkerung erreicht werden kann."

Jetzt sage ich Ihnen: Wenn ich das zur Regierungsbank hinhalte, läuft es buchstäblich Gefahr, dass der Herr Bundeskanzler sofort automatisch unterschreibt – denn er kann gegen diesen Punkt nichts haben! Er kann nichts dagegen haben, weil er das ununterbrochen in der Öffentlichkeit gesagt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas in der Öffentlichkeit sagt und dann nicht dazu steht. (Oja-Rufe bei der SPÖ.)

Also frage ich Herrn Klubobmann Khol: Wieso können Sie diesen Entschließungsantrag nicht unterstützen? – Das verstehe ich nicht. Und wieso können Sie gerade diese zentrale Frage als Begründung nehmen und diesen Entschließungsantrag nicht unterstützen? Anders formuliert: Wie wollen Sie eigentlich die Dämme aufbauen gegen diese Flut der Meinungen der einzelnen Landeshauptleute, die hier mit der Veto-Keule drohen? – Übrigens ist "Veto-Keule" ein Begriff des Herrn Bundeskanzlers; er hat selbst gesagt: Wir werden nicht mit der Veto-Keule drohen.

Wie also wollen Sie dagegen die Dämme aufbauen? Indem Sie dem Druck der FPÖ nachgeben? Indem letztlich Westenthaler bestimmt, was die Linie des ÖVP-Klubs ist? – Wir befinden uns in einem fundamentalen Autoritätskonflikt zwischen der Linie Westenthalers und der Linie des Bundeskanzlers in Bezug auf die Linie des ÖVP-Klubs.

Herr Bundeskanzler! Diese Frage müssen Sie wirklich beantworten, nämlich wer letztlich dieser Linie in der ÖVP zum Durchbruch verhelfen wird. – So, wie es jetzt ausschaut, ist das die Linie Westenthalers. Hier im Plenarsaal hat sich bei der Abstimmung, wenn Sie unserem Entschließungsantrag nicht zustimmen, in dem Punkt des Vetos Westenthaler gegen Bundeskanzler Schüssel in der ÖVP durchgesetzt. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer. ) Das ist ein Faktum. Daran sieht man aber auch, wer in dieser zentralen Frage letztlich die Politik bestimmt.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas. Wir sollten uns einmal das Veto als Veto genauer anschauen. (Abg. Ing. Westenthaler: Was ist, wenn wir das Energiekapitel nicht abschließen?) Das haben wir schon abgehandelt, dass eigentlich erwiesen ist, dass es keine rechtsverbindliche Garantie dafür gibt, dass dann, wenn ich ein Veto gegen den Beitritt der Tschechischen Republik einsetze, Temelín nicht in Betrieb geht. Diese Frage können Sie nicht beantworten, nämlich was dann passiert, wenn Sie zur Grenze rennen, "Veto, Veto, Veto" schreien, versuchen, den Rauch bei Temelín auszublasen, und daraufhin nichts passiert, sondern es geht weiter und weiter und weiter. – Was machen Sie dann? Was ist Ihre nächste Steigerungsstufe? Sie gehen mit Haider über die Grenze? Bedrohen dort? Was machen Sie dort? – Ich möchte wissen, was Sie dann machen.

Sie können den Österreichern auch nicht rechtsverbindlich garantieren, dass mit dem Veto dieses Kraftwerk sicherer wird. Aber Sie plakatieren mit "Veto gegen Temelín". Das ist ein Versuch, die Österreicherinnen und Österreicher bewusst in die Irre zu führen, sie zu beschwindeln. Das ist der Kurs, den Sie haben. Ich sage Ihnen, da werden Sie den Widerstand von uns Sozialdemokraten spüren! Das sage ich Ihnen, denn da können wir nicht mit. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass Ihnen die Isolation Österreichs egal ist, hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Sie ohnehin ein Modell der Renationalisierung haben, eigentlich nie in die Europäische Union hinein wollten und auch die Osterweiterung nicht wollen. Das ist ein Faktum. Daher ist es Ihnen durchaus recht, dass es zu dieser Isolation kommt.

Ich sage Ihnen – Ihnen beiden sage ich das jetzt –, Sie werden es mit zu verantworten haben, dass mit dieser Isolation unsere Wirksamkeit in der Europäischen Union beim Entwickeln eines europaweiten Kernkraft-Ausstieges gefährdet ist. Dafür ist in den letzten eineinhalb Jahren ohnehin wenig, ja in Wirklichkeit gar nichts geschehen. Seit dem Terrorakt am 11. September ist diese Technologie – neben ihrer immanenten Risikobehaftung – noch riskanter geworden,


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