Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 170

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vertrag von Nizza, der heute hier zur Ratifizierung ansteht, öffnet die Tür zur Erweiterung der Europäischen Union. (Abg. Murauer: Das war schwach!) – Herr Murauer! Hören Sie ruhig zu! Reden Sie dann, wenn Sie dran sind! – Diese Öffnung der Tür bedeutet die Schaffung der institutionellen Voraussetzungen, dass neue Mitglieder beitreten können, und dieser Zeitpunkt, nämlich heute, wo wir diese Tür aus österreichischer Sicht öffnen wollen, ist auch der Zeitpunkt, zu dem wir über die Frage der Vorbereitung der Erweiterung der Europäischen Union reden müssen. Das war der Grund, warum die SPÖ bereits im Frühjahr von den Regierungsparteien und von der Regierung verlangt hat, dass wir über eine seriöse Vorbereitung der Erweiterung der Europäischen Union im Inland sprechen, weil wir der Überzeugung sind, dass die Erweiterung, dass die Wiederherstellung eines gemeinsamen Europas eine der zentralen friedenspolitischen Notwendigkeiten, eines der zentralen politischen Ziele ist, die zu einem Erfolg werden müssen.

Dieser Erfolg ist im Inland nur dann zu erreichen, wenn die Menschen, die in diesem Lande wohnen, das Gefühl haben können, dass die Risken, die allenfalls mit der Erweiterung verbunden sind, auch wirkungsvoll von der Regierung nach Kräften bearbeitet und nach Tunlichkeit vermieden werden. Wir haben daher vorgeschlagen, dass wir mit der Regierung gemeinsam diese Erweiterung und den Nizza-Prozess, also jetzt die Ratifizierung, tragen, unter der Bedingung, dass wir uns auch darüber verständigen, welche Vorbereitungsmaßnahmen jedenfalls notwendig sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht ganz leicht gewesen, die Regierungsparteien, die Regierung dazu zu gewinnen, in diese Gespräche auch wirklich ernsthaft einzutreten. Aber ich muss anerkennend sagen, diese Gespräche sind seit Ende September mit Ernsthaftigkeit geführt worden, und sie haben zu einem Ergebnis geführt. Sie haben bedauerlicherweise nicht zu einer Vier-Parteien-Einigung geführt – Frau Abgeordnete Lunacek hat das gerade angesprochen –, weil die Übergangsfrist, die in Wahrheit nicht als Forderung in diesem Papier steht, sondern deren Vereinbarung nur anerkannt und zur Kenntnis genommen wird, für die Grünen nicht akzeptabel ist.

Es war für die Grünen offenbar nicht genug, dass in diesem Papier auch deutlich drinnen steht, dass wir alle, die dieses Papier jetzt gemeinsam tragen, daran interessiert sind, diese Frist möglichst kurz zu halten, wenn dies arbeitsmarktpolitisch denn irgendwie vertretbar ist. Ich denke, dass das ein pragmatischer Kompromiss gewesen wäre, aber er hat nicht gereicht, um die Grünen mit an Bord zu bringen. Und es hat sich gezeigt, dass wir auch in verkehrspolitischen Fragen nicht ganz zusammengekommen sind, wiewohl ich denke, dass auch dort die Differenzen nicht unüberbrückbar gewesen sind. – Egal.

Was gelungen ist – und auch das sollte anerkannt werden, und zwar durchaus auch in Richtung der Regierungsparteien –, ist, dass es trotz dieses Scheiterns, das relativ früh erkennbar war, dennoch die Bereitschaft gegeben hat, relativ viele Punkte – und ich bekenne mich auch dazu  –, die die Grünen eingebracht haben, hereinzunehmen, weil es nicht darum gehen kann, zu sagen: Gehen die Grünen insgesamt nicht mit, dann sollen sie auch mit ihren Punkten übrig bleiben.

Das, was wir versucht haben, ist, eine möglichst breite, inhaltlich gemeinsam vertretbare Lösung zur Vorbereitung der Erweiterung der Europäischen Union zu finden, auch wenn die Grünen heute hier nicht zustimmen.

Ich darf daher zunächst formell einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Einem, Schweitzer, Fasslabend und Kollegen betreffend die Erweiterung der Europäischen Union einbringen, und ich bitte, diesen Antrag verteilen zu lassen, weil er wegen seines Umfanges nicht in jeder Hinsicht erläuterbar und schon gar nicht vorzutragen ist. Das würde die Redezeit, die mir zur Verfügung steht, überschreiten.

Lassen Sie mich aber auf einige der Punkte, die darin angesprochen sind, eingehen. Erstens geht es uns darum – und insoweit ist ein Zusammenhang mit dem Prozess, der nach Nizza zu einer Verfassungsreform Europas eingeleitet worden ist, zu sehen –, tatsächlich ein Europa im


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