chen wurde, denn wohin sich der Zeiger dieser Waage wendet, sieht man schon daran, dass selbst aus dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen eine Kritik kommt, die einfach und schlicht heißt: Eine generelle Reduktion der Einsatzzeit von Arbeitsmedizinern für Arbeitnehmer ist grundsätzlich abzulehnen. Aber die Einsatzzeiten jener, die mit Arbeitsschutz beauftragt sind, die dafür zuständig und auch kompetent sind, reduzieren sich um sage und schreibe – im Schnitt jetzt, over all – 60 Prozent.
Also muss man fragen, wie der Zusammenhang zwischen Erkrankung und dadurch entgangener Wirtschaftsleistung und volkswirtschaftlicher Rendite ist, welchen Schaden die Volkswirtschaft selbst nimmt, wenn Leute im Krankenstand sind. Da dürfte die Rechnung nicht ganz aufgehen. Ich brauche jetzt nicht Herrn Professor Rasinger zu zitieren, der über Folgekosten von Grippeschutzimpfungen und was man sich dadurch einspart, philosophiert hat – sicherlich nicht ganz unrichtig. Auch wenn Ihre Leute krank sind, entstehen der Wirtschaft Kosten. Dass angesichts dessen das Primat des Sparens bei der Arbeitssicherheit und im Arbeitnehmerschutz und Ihre wirtschaftliche Belastung in der Weise im Vordergrund stehen, verstehe ich aber dann, wenn man der angeführten Argumentation folgt, nicht mehr. (Beifall bei den Grünen.)
Ganz spannend ist dabei, und das sollten die Zuhörer auch wissen, was denn die Einsatzzeiten sind, die den Betrieben und der Wirtschaft so teuer kommen: für Betriebe mit Büroarbeit oder ähnlicher Arbeit 1,2 Stunden pro Arbeitnehmer und Jahr – das ist nicht sehr viel. Interessant ist nur, dass nach Kilokalorien gerechnet wird, wenn man also im Büro arbeitet 2 100 bis 2 700 Kilokalorien. – Herr Kollege Pumberger, dass Geistesarbeit, Denkarbeit auch Kalorien verbrauchen könnte, scheint Ihnen nicht klar zu sein. (Abg. Dr. Lichtenberger: Er hat keine Erfahrung damit!) Und auch das sind Gefahren: Stress, psychische Belastungen, mentale Belastungen, Mobbing et cetera, p.p. (Beifall bei den Grünen.)
Das kostet den Betrieb gerechnet pro Arbeitnehmer und Arbeitnehmerstunde zwischen 51 und 39 Groschen, was nicht wahnsinnig viel ist. Jetzt sparen Sie aber ein, und jetzt, finde ich, wird es wirklich witzig: Unter den zehn großen Aufgabengebieten der Arbeitsmediziner, die in dieser Zeit kaum seriös zu bewältigen sind, befinden sich eine Reihe von wichtigen Dingen. En gros – vielleicht übertreibe ich jetzt diskret, aber so steht es jedenfalls in den Kritiken vieler kompetenter Stellen – wird hier aufgenommen: Ernährungsberatung, Wellness – und hören Sie! – Massagen, Coaching, Supervision. Das halte ich für einen Witz! Wie wollen Sie denn in 1,2 Stunden Supervision, Coaching, Wellness unterbringen? Also das ist eine Augenauswischerei par excellence, der ich wirklich nicht mehr folgen kann. (Beifall bei den Grünen.)
Ganz interessant ist auch, was in Ihrer Vorlage, im Vorblatt steht – ich zitiere –: "Die im vorliegenden Entwurf vorgesehenen Änderungen stellen zum Teil eine Rücknahme solcher über die EU-Mindestvorschriften hinaus gehender Regelungen dar ..." (Abg. Dr. Lichtenberger: Aha, da haben wir es schon!) Also bitte, was haben Sie gestern hier nicht alles vertreten, dass Mindeststandards natürlich überschritten werden müssten, dass wir sie ohnehin überall um den Faktor xy und mehr überschreiten würden, und dann steht das Gegenteil in Ihren Papieren. (Abg. Dr. Lichtenberger: So schaut es also mit der Verwaltungsreform aus!) Ich empfinde das zumindest als ehrlich, und auch das ist etwas Neues, aber gut ist es nicht! (Beifall bei den Grünen.)
Es steht dann auch noch drin, dass Meldepflichten teilweise entfallen. In anderen Bereichen reden wir von Dokumentation, Chipkarte, darüber, was wir alles wissen müssen, um richtig handeln zu können, und hier werden Meldepflichten und Dokumentationsmöglichkeiten zurückgenommen. Dokumentation, Evaluierung von Gefahren und so weiter wird auch noch in der Präventionszeit untergebracht. Was bleibt denn da überhaupt noch für den Arbeitnehmer an direkter Betreuung? Ärzte machen doch keine Ferndiagnosen per Computer, sie halten keine Reden und auch keinen Fernunterricht.
Interessant ist auch noch der Entfall von Strafsanktionen für die Verletzung der Aushangpflicht. Ein Betrieb erspart sich etwas, indem er etwas nicht aushängt, und wird dann auch noch von der Bestrafung entlastet. – Also irgendetwas ist da nicht ganz rund. (Beifall bei den Grünen.)