Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 134

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fragen: Ist Ihnen völlig entgangen, dass wir gerade eine IGC, eine Regierungskonferenz, hinter uns gehabt haben, die zu dem Vertrag von Nizza geführt hat, wo es eine österreichische Position gewesen ist, den EURATOM-Vertrag als ein Energiekapitel in den Europäischen Vertrag zu integrieren? Ist Ihnen das wirklich verborgen geblieben? – Dann bin ich froh, Sie heute und hier aufklären zu können, denn es war offensichtlich längst überfällig, Frau Abgeordnete. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich würde Ihnen empfehlen: Treten Sie nicht mit einem riesigen Aufwand eine weit offene Tür ein! Ganz Österreich ist dafür, den EURATOM-Vertrag in den EU-Vertrag oder in den EG-Vertrag zu integrieren. Aber eines muss ich Ihnen auch dazu sagen: Die Spielregeln in der Union sind schon so, dass wir immer noch nur im Konsens, gemeinsam agieren können. Es ist keiner – weder der jetzige Ratspräsident Verhofstadt noch Tony Blair, noch Gerhard Schröder, und bitte auch nicht der Wolfgang Schüssel – ein europäischer Diktator, der anderen seinen, unseren gemeinsamen Willen aufzwingen kann.

Wir brauchen den Konsens aller, und den werden wir nicht erreichen, indem wir zum Beispiel, wie Sie das jetzt getan haben, die notwendige und richtige Forderung nach europäischen Sicherheitsstandards für alle Atomkraftwerke zwingend mit dem Ausstieg für alle verknüpfen, denn immer noch ist es eine nationale Entscheidung, Atomkraft zu verwenden oder nicht zu verwenden, und ich werde mir von niemandem innerhalb der Europäischen Union einen Einstieg in die Atomenergie aufzwingen lassen, und umgekehrt werden das andere auch nicht tun.

Drei Länder haben den Ausstieg nicht beschlossen, und ganz Europa gewinnt immerhin im Durchschnitt noch 40 Prozent des verwendeten Stroms aus Atomenergie. Daher: Wenn wir dieses wichtige Anliegen – Sicherheitsstandards für ganz Europa – gemeinsam erreichen wollen, dann bitte mit der richtigen Tonlage und bitte auch mit den richtigen Argumenten, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP.)

Übrigens darf ich Ihnen sagen, weil Sie immer von "wenig Verbindlichkeit" reden: Die Kommission hat nicht zuletzt auf österreichischen Druck jetzt, in diesem Herbst, das Strategiepapier über die Fortschritte des Bewerberlandes, etwa zu den Verhandlungsstandpunkten im Energiekapitel, festgelegt, und da hat die Kommission unsere Anregung übernommen, dass die Stilllegungsverpflichtungen im Hinblick auf die nicht nachrüstbaren Kraftwerksblöcke in Litauen, in der Slowakei und in Bulgarien eingehalten werden müssen – und mithin in die Beitrittsverträge aufgenommen werden sollen und damit natürlich auch einklagbares Recht werden.

Ich glaube, es ist ein großer Erfolg unserer gemeinsamen Politik, dies erreicht zu haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zu Temelín. – Das eigentliche Thema war ja die Temelín-Diskussion, und ich möchte Ihnen sehr offen sagen: Diese österreichische Bundesregierung unter der Führung der Frau Vizekanzlerin und von mir hat in nicht einmal zwei Jahren mehr erreicht, als selbst kühne Optimisten noch vor einem Jahr oder vor einiger Zeit für möglich gehalten hätten. Das war möglich, weil wir eigentlich bis zuletzt, mit Ausnahme der letzten zwei bis drei Wochen, immer gemeinsam vorgegangen sind. Das hat uns stark gemacht, denn damit haben alle gewusst: Das ist nicht eine parteipolitische Frage. Hier tritt Österreich auf, verteidigt vitale Interessen und setzt etwas durch.

Es hat mich sehr betroffen gemacht, und es hat auch unsere gemeinsame Position geschwächt, dass vor allem die Sozialdemokraten und die Grünen diese gemeinsame Basis und letztlich auch den Weg, den wir vor einem Jahr in Melk begonnen haben, eigentlich verlassen haben und stattdessen auf eine sinnlose Blockadetechnik, die nicht in unserem Interesse sein kann, Frau Abgeordnete, eingeschwenkt haben. Tief im Inneren wissen Sie, dass ich mit dieser Argumentation Recht habe. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben bei diesen Verhandlungen nicht alles erreicht, das ist völlig klar. Der Ausstieg aus Temelín wurde nicht erreicht, aber wir haben in den bilateralen Verhandlungen ein Maximum erreicht, was durchsetzbar war, so etwa, dass alle sieben von den österreichischen Experten ge


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