Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 54

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

wirklich? Welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen? Und was kostet das?, ist es schwieriger geworden, das will ich nicht leugnen.

Ich habe selten so oft wie in dieser Enquete und teilweise nachher den von mir wirklich äußerst geschätzten Kardinal König zitiert gehört, selten so oft die Kirche und die Religion zitiert gehört. Ich hätte mir von einigen jener, die Kardinal König und die Religion immer wieder zitiert haben, so sehnsüchtig erwartet, so etwas von dieser Toleranz des Kardinals, so etwas vom Humanismus einer Religion auch in anderen Reden zu hören, aber das war nicht immer der Fall. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Titel der Enquete "Solidarität mit unseren Sterbenden" hat mich schon zu Überlegungen angeregt. Was heißt "unsere Sterbende"? Dies ist sehr ambivalent und kann auch – ich möchte da nicht überkritisch sein – verdächtig sein. "Unsere" kann heißen, wir sind solidarisch. "Unsere" kann aber auch heißen, wir betrachten die Sterbenden als unseren Besitz, wir bevormunden sie, wir wissen, was sie brauchen. Das wäre, glaube ich, weniger gut, weil Sterbende nicht unbedingt einer Partei angehören und sich auch nicht von Rezeptbüchern der Moral beeinflussen lassen bei dem, was sie sich wünschen und was sie brauchen.

Mir fällt schon der Abschied von Lebenden oft schwer genug, und umso schwerer ist der Abschied von Sterbenden, denn dieser kann, wenn man jetzt nicht gerade tief gläubig ist, ein endgültiger sein. Die Garantie, dass es nicht so ist, ist vage und wird von jedem unterschiedlich wahrgenommen. Deswegen ist dieses Thema so wichtig.

Ich bin oft im Kreis gerannt, um diesen Vier-Parteien-Antrag durchzubringen, und da erlebt man auch einige Sachen, die ich nicht alle wieder erleben möchte. Da aber meine Freude überwiegt, werde ich das auch nicht weiter erwähnen.

Ich möchte aber schon sagen, die wichtigsten Punkte waren die Fragen: Sollen Wohlhabende, die es verstehen, sich schon das Leben angenehmer zu gestalten, auch die sein, die sich ein angenehmeres und humaneres Sterben leisten können? – Ich glaube nicht. Sollen Betreiber von Hospizen es notwendig haben, Bettelbriefe zu schreiben, Erlagscheine auszuschicken? Soll es nur von der Zivilgesellschaft abhängen, wie professionell Leute beim Sterben begleitet werden, oder ist das unser aller Anliegen? Sind wir der Überzeugung, dass das Sterben in Gesundheit stattfinden soll, oder betrachten wir es als den Endpunkt einer Erkrankung, für die der Staat genauso aufzukommen hat wie für andere Erkrankungen und wo die Sozialversicherung mit politischer Unterstützung in die Pflicht genommen werden soll? (Beifall bei den Grünen.)

Bei manchen Diskussionen ist es mir schon oft so vorgekommen, dass der Tod gelegentlich gütiger, milder und weniger grausam ist als manche, die so salopp über den Tod Fremder, von oben herab, relativ schnell und leichtfertig sprechen und ihre Vorstellungen dazu einbringen, die politisch nicht dazu gedient haben, sich zu einigen.

Wenn man sich vor Augen führt, dass 14 Prozent aller Patienten in Pflegeheimen im ersten Monat sterben und 46 Prozent bereits nach einem halben Jahr, dann ist das erschreckend. Das heißt zwar nicht, dass der Tod eine Sache des Alters ist, keineswegs, aber es heißt, dass alte Menschen unserer besonderen Solidarität bedürfen, dass sich das Sterben in Zukunft nicht nur in palliativmedizinischen Betten in Spitälern abspielen darf, dass Hospize auch keine Ghettos sein dürfen, dass das Sterben zu Hause, die ambulante Betreuung und möglichst viele flexible Modelle gefördert werden müssen.

Ich möchte mich auch bedanken, aber vorher noch einiges sagen. Die LKF-Bepunktung, die man gemacht hat, damit Palliativbetten errichtet werden und es eine Zustimmung der Länder gibt, schaut so aus, dass die ersten zwölf Tage – und das klingt jetzt sehr nüchtern und politisch – mit über 3 500 Punkten bewertet werden, sozusagen – unter Gänsefüßchen gesetzt – "attraktiv" für den Träger sind. Nach zwölf Tagen sinkt bis zum 24. Tag diese Bepunktung bis auf 50 Prozent. Das heißt – und das ist meine Kritik –: Je früher dort einer stirbt, desto güns


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite