Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 57

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Das Sterben verschiebt sich also immer weiter ins hohe Alter. Rund 60 Prozent der Todesfälle betreffen Menschen über 75 Jahre. Zugleich wird es präsenter in Form von langen Krankheiten, wie beispielsweise Alzheimer oder Parkinson, zunehmend leider Gottes auch bei jüngeren Menschen, Krebserkrankungen, meist verbunden mit intensiver Pflegebedürftigkeit.

Krankheit, Sterben und Tod sind in unserer Gesellschaft, wie wir alle wissen, weitgehend tabuisiert. Das ist wohl weniger eine Folge stets beschworener zunehmender Kälte als das Ergebnis von weitreichenden Veränderungen in der gesellschaftlichen Grundstruktur, vor allem auch in der familiären.

Das System Krankenhaus und der Glaube an die Allmacht des medizinischen Fortschrittes verstärken die Konzentration auf die medizin-technischen Möglichkeiten, auf das Heilen, manchmal fast um jeden Preis. Tendenziell wird der technischen Hochleistungsmedizin mehr anvertraut als der menschlichen Hochleistung, und das vor allem im Umgang mit sterbenskranken Menschen.

Gerade bei Krebserkrankungen sowie bei fortschreitendem Abbau und Verfall der körperlichen Funktionen oder beim Auftreten von Mehrfacherkrankungen kommt der Punkt, an dem der klassische Heilungsanspruch in den Hintergrund tritt und Palliativmedizin normalerweise in den Vordergrund zu treten hätte. Auch dafür hat das heutige Gesundheitssystem aus meiner Sicht noch viel zu wenig anzubieten. Lindernde Palliativbetreuung und die Begleitung von Sterbenden mit der gleichen Intensität und Qualität wie die kurativen Therapien sind zu gewährleisten – und vielleicht noch mehr zu gewährleisten.

Mit gleicher Energie und Sorge, wie sie in der kurativen Medizin angewandt werden, brauchen die Sterbenden und ihr soziales Umfeld eine andere Art von Betreuung, eine vernetzte Art von Betreuung, sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich.

Es wird leider oft zu viel weitertherapiert, obwohl der Therapieerfolg in keinem Verhältnis zum Gewinn der Lebensqualität steht. Die moderne Medizin ermöglicht in diesen Fällen zwar eine Verlängerung des Überlebens, aber nicht des Lebens. Es fehlt eine Haltung, die die Grenzen medizinischer Handlungsmöglichkeiten und die Endlichkeit des Lebens akzeptiert.

Unser gemeinsamer Antrag, meine Damen und Herren, ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.28

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen, und trotzdem ist das Thema von Tod und Sterben eines der letzten Tabuthemen, die wir haben, vor allem ist es mit Angst und Verdrängung verbunden, und das, obwohl jährlich mindestens 85 000 Menschen in Österreich sterben. Wenn man Familie und Angehörige dazurechnet, sind zirka 400 000 Menschen pro Jahr mit Sterben, Tod und Trauer konfrontiert.

Wir müssen auch sagen, dass es in der Politik zu wenig aktive Schritte gab, um sich mit diesem Thema auseinander zu setzen, und deswegen ist dieser Vier-Parteien-Antrag wirklich ein wichtiger und guter Ansatz. Ich bin sehr froh darüber. Die Politik ist verpflichtet, sich um die vorletzten und auch letzten Dinge des Lebens mehr zu kümmern, sie zu regeln und zu erleichtern. Ziel muss es sein, dem Sterbenden und seinen Angehörigen in der letzten Phase medizinische, soziale, psychologische und spirituelle Hilfe und Unterstützung zu geben und sie zu betreuen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass es zu diesem Vier-Parteien-Antrag gekommen ist, ist nicht nur Verdienst von vielen Mandataren und Mandatarinnen des Hauses, sondern auch von vielen MitarbeiterInnen – eine davon sitzt auf der Galerie: Frau Hildegard Teuschl – und natürlich von den Gesundheits


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