Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 91. Sitzung / Seite 90

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Einen Wunsch möchte ich noch verewigt wissen, werte Kolleginnen und Kollegen, es kann nur ein Wunsch sein, nicht mehr: Lasst euch in Sachen Ladenöffnung nicht dazu erweichen, einer Nachtöffnung zuzustimmen! Hört nicht auf die Sirenengesänge jener, welche da meinen, die totale Freiheit sei alles! Ich sage ja zur Freiheit, aber nein zum Diktat der Großen, ja zum Unternehmertum, aber nein zum Todesstoß für das Familienunternehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Ich möchte Jean Baudrillard, einen nicht unserer Gesinnungsgemeinschaft angehörenden französischen Philosophen zitieren, der jüngst in einem "Spiegel"-Interview gefragt wurde, was er denn zur Globalisierung sage. Er sagt:

"Sie gibt vor, die Menschen zu befreien, dabei dereguliert sie nur. Die Abschaffung aller Regeln, genauer: die Reduzierung aller Regeln auf das Gesetz des Marktes ist das Gegenteil von Freiheit – naemlich deren Illusion. So altmodische und aristokratische Werte wie Wuerde, Ehre, Herausforderung, Opfer zaehlen darin nicht mehr." – Ich meine, wir sollten auf der Seite der Ehre und der Herausforderung sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Eine Spitze möchte ich noch loswerden. Ich habe vieles erlebt: von der kleinen Koalition, sozialdemokratischen Koalition, in den Klubzimmern, damals noch etwas furchtsamer Provinzabgeordneter – in der Zwischenzeit habe ich etwas Furcht abgelegt –, dann in der Opposition, in der erfolgreichen freiheitlichen Opposition, jetzt in der Wendekoalition, die mich so beflügelt. (Heiterkeit.) 52 Abgeordnete, eine stattliche Zahl, mit zwölf haben wir in der letzten Reihe begonnen. Es kamen die Grünen ins Haus, Meissner-Blau und so weiter, die so genannten Liberalen als fünftes Rad am Wagen, ein parlamentarischer Betriebsunfall und heute nur mehr eine Randnotiz im ewigen Buch des Vergessens. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Politik hat sich bei allen notwendigen historischen Betrachtungen der Gegenwart und Zukunft zu widmen. Historisch und tagespolitisch kann es nicht hoch genug eingeschätzt werden, dass es dieser Koalition aus FPÖ und ÖVP anheimgestellt ist, den Kriegsgefangenen, unseren Vätern eine bescheidene Wiedergutmachung zukommen zu lassen. Dieser geschundenen Generation, welche oft blutjung in einen unseligen Krieg gehetzt wurde, gebühren unser Dank und die Anerkennung dafür, dass sie es waren, welche dieses Land, unsere Republik, mit bloßen Händen zu neuer Blüte geführt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sage aber auch: Schande jenen, welche posthum noch heute auf den Gräbern jener herumtrampeln, welche oft als halbe Kinder den Tod fanden! Schauen Sie sich einmal bei einem Kriegerdenkmal die Geburtsdaten jener an, die zu Tode gekommen sind! Ich sage Ihnen, jene, welche mit ihren Wohlstandsbäuchen die Gerechtigkeit erfunden zu haben glauben, haben sich an diesen armen Teufeln vergriffen. Der werfe den ersten Stein.

Nie wieder Krieg, werte Freunde, Hohes Haus, heißt aber auch, ein Europa zu bauen, welches nicht auf dem Fundament des erhobenen Zeigefingers baut, sondern die Vision der Heimat, des Vaterlandes als Bindeglied im Kontinent sieht. Nur die Distanzierung von geschehenem Unrecht von allen Seiten ist Garant dafür, dass eine funktionierende und akzeptierte Baustelle Europa, zu der ich mich bekenne, weiter gestaltet wird. Tschechien sollte sich ein Beispiel an den baltischen Ländern nehmen, die auch versuchen, mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen, was schwer genug ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Werte Freunde! Auch wir haben daran zu arbeiten, die Solidargemeinschaft wirklich sozial zu gestalten. Viele Dinge sind noch ins Positive zu bringen. Allein erziehende Mütter, Behinderte, ältere Mitbürger haben unsere Hilfestellung mehr als verdient.

Es ist eine der höchsten Auszeichnungen für jeden Bürger dieses Landes, diesem Parlament anzugehören. Gott sei Dank gibt es kein pragmatisiertes Mandat. Diesem nicht pragmatisierten Mandat unterwerfe ich mich und freue mich auf zusätzliche Taten, wenn mir der Herrgott dies noch gestattet.


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