Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 131

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diese Dringliche Anfrage eingebracht haben, dann muss ich feststellen, es scheint das doch nicht so ein dringliches und wichtiges Anliegen für die beiden Regierungsfraktionen gewesen zu sein. (Abg. Schwarzenberger: Sehr gut besetzt!) Einer der Antragsteller, Herr Kollege Schweitzer, ist gar nicht mehr anwesend.

Es drängt sich mir doch der Eindruck auf, dass es Ihnen nicht unbedingt gestern urplötzlich eingefallen ist, dass es notwendig ist, diese Dringliche Anfrage heute hier einzubringen, sondern dass es sich doch eher um die Instrumentalisierung eines parlamentarischen Instrumentes handelt, um zu verhindern, dass ganz wichtige Dinge, die heute hier zur Aufklärung angestanden wären, nämlich die Aufklärung der Irak-Reise von Jörg Haider und die Stellungnahme der Außenministerin dazu, zur Sprache gebracht werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Reihen der Regierungsfraktionen sind wirklich sehr leer. Vielleicht kann man doch noch ein paar Leute von den Regierungsfraktionen hereinholen, damit wir dieses so wichtige und dringende Thema, auf das ich jetzt noch eingehen möchte, noch etwas erörtern können.

Herr Bundeskanzler! Sie haben sich am Anfang Ihrer Rede für die Möglichkeit bedankt, jetzt über das Thema EU-Konvent und EU-Reform zu sprechen. Ich habe Ihre Rede – das muss ich Ihnen offen sagen – als sehr oberflächlich empfunden. Es war eine Themenabhandlung in Schlagworten. Aber der Grund dafür, warum österreichische Anliegen jetzt beim EU-Konvent formuliert werden sollten, die Tatsache, um welche demokratischen Interessen es wirklich geht, ist mir auch im Nachhinein nicht klar geworden.

Ich möchte nun auf ein paar Themen eingehen, die mir sehr wichtig sind: erstens Bürgerrechte, zweitens Bürgerthemen und drittens Demokratie.

Zu Punkt 1, zur Frage der Bürgerrechte: Herr Bundeskanzler! Wenn Sie solche Sachen aufs Tapet bringen wie: Sie wünschen sich mehr Mitsprache von BürgerInnen in der Europäischen Union, Sie wünschen sich Klagsrechte von BürgerInnen beim Europäischen Gerichtshof, dann frage ich Sie, warum Sie das nicht einmal in Österreich zustande bringen, warum Sie sich dagegen wehren, dass bei uns Mitsprache- und BürgerInnenrechte und Bürgerinformation massiv ausgebaut werden.

Wenn Sie, Herr Spindelegger, von Renationalisierung sprechen und wenn Sie, Herr Schweitzer, vom "blauen Brief" sprechen, der an die deutsche Bundesregierung ergangen ist, dann frage ich Sie beide: Wie viele Verfahren sind denn gegen Österreich anhängig, weil wir EU-Rechte verletzen, weil wir Informationsrichtlinien verletzen, weil wir unsere Pflichten, die aus Richtlinien erwachsen, die BürgerInnen ermächtigen, mehr Information zu bekommen, nicht erfüllen? (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Es ist wirklich unglaublich, wie Sie hier im Glashaus sitzen und mit Steinen werfen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie stellen beim Thema Bürgerrechte Forderungen auf, die Sie nicht fähig sind hier im eigenen Land nur in Ansätzen nachzuvollziehen und zu verwirklichen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum zweiten Punkt, zur Frage Demokratie: Meine Kollegin Lunacek hat es schon angesprochen, und auch ich finde es, Herr Bundeskanzler, empörend, wenn Sie den berechtigten Vorwurf und die berechtigte Kritik, dass der Rat ein "schwarzes Loch der Demokratie" ist, nicht ernst nehmen und wegwischen. Ich frage Sie: Wie steht es mit Ihrem Auffassungsvermögen von den Grundrechten eines Rechtsstaates, von Gewaltentrennung? Wie kann man dieses maßgebliche riesige Problem in der Demokratisierung der Europäischen Union nicht ernst nehmen, dass es keine Trennung von Legislative und Exekutive gibt? (Abg. Kiss: Das ist der beste Beweis, dass Sie nicht verstanden haben, worum es geht!) Wie kann man nicht dagegen auftreten und darauf hinwirken, dass es zu einer Vollrechtsausstattung des Europäischen Parlamentes kommen muss? (Abg. Kiss: Sie wissen nicht, wovon Sie reden!) Für mich ist das überhaupt nicht nachvollziehbar. (Beifall bei den Grünen.)

Sie sagen, ich weiß nicht, wovon ich spreche. Ich frage Sie: Sind Sie Jurist, Europarechtler? Haben Sie das studiert? Haben Sie dazu Dissertationen verfasst? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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