Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 153

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Selbst wenn Sie Fehler gemacht haben, Frau Bundesministerin, wäre es durchaus eine angemessene Verhaltensweise (Abg. Murauer: Was machen Sie, Herr Pirklhuber? – Abg. Böhacker: Zur Sache!), darauf auch in dem einen oder anderen Punkt einzugehen oder die Fragen, die die Kolleginnen und Kollegen hier gestellt haben ... (Abg. Dr. Khol: Das ist gestern alles beantwortet worden! Zur Sache, Herr Pirklhuber! Reden Sie über Landwirtschaft! Da verstehen Sie etwas davon!)

Herr Klubobmann Khol! Sie wissen genau: Gestern war die Frau Bundesministerin nicht im Hause. Auch wenn Sie es wiederholt hätten, Frau Bundesministerin, wäre es ein Akt der Höflichkeit gewesen, in diesem Haus den einfachen Fragen der Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Sie werden doch nicht der Bundesministerin Unhöflichkeit unterstellen! Das ist unglaublich! Was nehmen Sie sich heraus?)

Nun konkret zum Entwicklungszusammenarbeitsgesetz. Frau Bundesministerin! Wir haben sehr viele gute Anregungen gemacht. Meine Kollegin Lunacek – es ist schon einige Stunden her – hat sehr wohl auch die positiven Aspekte dieses Gesetzes angesprochen, aber wir haben eben nach wie vor wesentliche Kritikpunkte.

Meine Damen und Herren! Ein Land wie Österreich, das zu den reichsten der Welt gehört, hat eine moralische und politische Verantwortung, nicht Schlusslicht in der Entwicklungspolitik, in der Entwicklungszusammenarbeit zu sein, sondern auch in diesem Bereich, wie in manchen anderen Bereichen, voranzugehen, wirkliche Leitlinien zu entwickeln und nicht nur bei Begriffsbestimmungen und Grundsätzen stehen zu bleiben. – Diesbezüglich sind wir uns zumindest in wesentlichen Punkten einig.

Aber angesichts dessen, dass 800 Millionen Menschen hungern, alle 3,6 Sekunden ein Mensch auf der Welt verhungert – drei Viertel davon Kinder –, meine Damen und Herren, ist das ein politisches Feld, das unsere höchste Aufmerksamkeit verdient – dies auch, so glaube ich, gerade angesichts der internationalen Verhandlungen, die vor kurzem begonnen haben. Ich denke, die laufenden WTO-Verhandlungen wären Anlass dafür gewesen, neue Leitlinien, generelle Leitlinien für die österreichische Entwicklungspolitik zu verankern. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jäger. )

Ich möchte dazu auch Beispiele anführen. Aussagen zu einem gerechten Welthandel und zu einer ökologischen und sozialen Ausrichtung internationaler Finanzeinrichtungen wären ein Erfordernis der Zukunft. Da könnten wir auch als kleines Land Impulse in der internationalen Politik setzen, Frau Bundesministerin. Das fehlt aber völlig in diesem Gesetzentwurf, ganz abgesehen von den Argumenten, die schon mehrfach gekommen sind.

Noch eines zum Thema Kohärenz, Frau Bundesministerin: Dass der Beschluss des Ministerrates ausreichend wäre, um die Kohärenz der Maßnahmen sicherzustellen, das glauben Sie wohl selbst nicht. Ich denke zum Beispiel nur an Exportkredite. Es gibt zig Einrichtungen der Republik Österreich, über die nicht im Ministerrat entschieden wird. Es wäre klar und logisch, dass dafür eine Stabstelle unter Ihrer Zuständigkeit eingerichtet wird, die auf diese Prozesse ein Auge hat und die versucht, wenn Fehlentwicklungen vorkommen, rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe nicht, dass Sie diesbezüglich gegen unsere Anregung waren, die Ihnen ja dienen würde, die Ihrem Zuständigkeitsbereich eine ganz wesentliche Koordinationsfunktion zukommen ließe. Das verstehe ich wirklich nicht.

Aber ich möchte jetzt noch kurz einen anderen Aspekt ansprechen, nämlich die Frage der Ernährungssouveränität. Meine Damen und Herren! Gerade in den nächsten WTO-Verhandlungen wird das ein Schlüssel für die globale Entwicklungsdebatte werden. Die Frage ist, was wir bezüglich der eigenständigen Entwicklung von Ländern, die entwicklungsmäßig weit hinter uns liegen, tun, ob wir ihnen gerade im Ernährungsbereich Souveränitätsrechte zugestehen.


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