Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 54

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Wir brauchen gute Nachbarn, wir brauchen Partner. Es ist ein katastrophaler Zustand: Österreich müsste heute zum Beispiel Euratom verhindern, es müsste die 2 Milliarden € für osteuropäische AKWs verhindern, es müsste den Transitvertrag neu und stark verhandeln, jeder potenzielle Partner und jeder ehemalige Freund von uns in Brüssel und Straßburg aber sagt: Nein, mit einer Regierungspartei FPÖ können wir nicht eure Partner, können wir nicht eure Freunde sein! – Wie sollen wir unsere dringendsten ökologischen Anliegen in Brüssel durchsetzen, wenn wir alle Freunde und Partner verloren haben? – Das ist die eine Seite.

Das Zweite ist die Frage der Demokratie. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich sage es ganz offen: Egal, um welches Anliegen es sich dabei handelt – das war kein Volksbegehren, das war ein Begehren von zwei Parteien, von der Freiheitlichen Partei und der "Krone"-Partei! Reden wir einmal darüber, wie die "Kronen Zeitung" ihre Macht missbraucht hat, wie sie als Partei aufgetreten ist. Mir ist egal, ob das im Zusammenhang mit Temelín oder mit Abfangjägern geschieht, ich will nicht, dass marktbeherrschende Zeitungen in dieser Republik ihre Macht missbrauchen und als Partei auftreten! Ich will, dass Volksbegehren Volksbegehren bleiben, und ich will, dass Volksbegehren nicht von Parteien oder Zeitungen ausgehen, sondern aus der Mitte der österreichischen Bevölkerung kommen. Es gibt ein Volksbegehren, das zeigt, wie Volksbegehren ausschauen können, und das ist das Sozialstaats-Volksbegehren. Das ist ein echtes Volksbegehren, da steckt keine Partei dahinter. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Na geh, das ist ein Schmäh!)

Von 3. bis 10. April haben alle Menschen in dieser Republik die Möglichkeit, zu sagen: Nein, wir wollen nicht, dass unsere Steuergelder für Abfangjäger missbraucht werden (Abg. Wochesländer: Das ist nicht Thema!), wir wollen, dass unsere Steuergelder in soziale Sicherheit und in Bildung investiert werden! (Abg. Achatz: Reden Sie zur Sache!)  – Das ist ein echtes Volksbegehren (Abg. Wochesländer: Temelín steht auf der Tagesordnung!), und das Ergebnis dieses Volksbegehrens wird zeigen, ob die Menschen in Österreich das Instrument Volksbegehren wirklich ernst nehmen.

Das Temelín-Volksbegehren hat nur gezeigt, was Freiheitliche Partei und "Krone"-Partei gemeinsam mobilisieren können. Das soll man ernst nehmen, denn obwohl hier ein Instrument der direkten Demokratie missbraucht worden ist, geht es um echte und ernst zu nehmende Ängste in der österreichischen Bevölkerung. (Abg. Wochesländer: Die Sie ihnen versuchen einzureden!) Aber diesmal, beim Sozialstaats-Volksbegehren, geht es um eine große soziale und demokratiepolitische Chance. (Abg. Wochesländer: Das gehört nicht zur Sache!) Da geht es um die Chance, dem Sozialabbau in dieser Republik, dieser Kultur der Kälte, dieser Kultur der Benachteiligung, dieser Kultur des Wegschauens, wenn es jemandem schlecht geht, dieser falschen Kultur etwas Positives entgegenzusetzen. (Rufe bei den Freiheitlichen: Zur Sache! Zur Sache! – Abg. Wochesländer: Sie sind beim falschen Tagesordnungspunkt!)

Es kann sein, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, dass auch weiterhin Instrumente der direkten Demokratie missbraucht werden. Es kann auch sein, dass Sie dort, wo es vernünftig ist, etwa bei einer Volksabstimmung über Abfangjäger, Ihre Zustimmung verweigern (Abg. Böhacker: Wer sagt denn das?), dass Sie, die "Apostel" der direkten Demokratie, sagen: Wir fürchten uns; wir fürchten uns, vor das österreichische Volk zu treten! Wir wollen keine Abstimmung! (Abg. Böhacker: Sagen Sie nicht immer die Unwahrheit!)

Aber es wird zwei Termine geben. Der erste Termin ist die Eintragungswoche des Sozialstaats-Volksbegehrens. Dann werden wir sehen, ob ein echtes Volksbegehren trotz Berichterstattungsboykotts seitens des ORF eine echte Chance in Österreich hat. Und der zweite Termin, der nächste Zahltag, meine Damen und Herren, ist der Wahltag. Dann werden Ihnen die Wählerinnen und Wähler alle Volksbegehren, die Sie missbraucht haben, alle Initiativen der Menschen dieser Republik, die Sie ignoriert haben, in Rechnung stellen. Wahltag ist Zahltag, und ich freue mich darauf! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank zu Wort gemeldet hat sich Herr Minister Scheibner. – Bitte.


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