Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 56

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einem grenznahen Kraftwerk ereignet, in Wahrheit keinen Schutz für die Bevölkerung gibt, keinen Schutz geben kann, weil Hunderttausende, ja Millionen Österreicher in den grenznahen Regionen davon betroffen wären. Der einzige Schutz, den wir anbieten können, ist, alles zu tun, dass dieses Kraftwerk nicht in Betrieb geht oder es zumindest ein realistisches Ausstiegsszenarium gibt. Das ist unsere Verantwortung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Sima sagt, es gebe einen Stillstand in der Anti-Atompolitik. Ich weiß nicht, auf wen sie das bezieht. (Abg. Mag. Sima: Auf Sie!) Auf die österreichische Bundesregierung kann das nicht gemünzt sein, denn wir verhandeln seit vielen Monaten sehr aktiv mit unseren Partnern in der EU, und niemand, Herr Kollege Pilz, läuft vor freiheitlichen Regierungsmitgliedern davon. Ich lade Sie gerne ein, mich auf einigen Reisen zu begleiten, um zu sehen, wie ernst die Österreicher genommen werden, wie gerne sie eingeladen werden und wie wichtig genau diese Vermittlungs- und Verhandlungsposition in derartigen Krisenszenarien ist, Herr Abgeordneter Pilz. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir würden uns erhoffen, dass auch Sie uns unterstützen und nicht durch eine derartige Polemik wie eben vorhin versuchen, Stimmung dagegen zu machen.

Wir haben uns in der Bundesregierung dieser Verantwortung auf zwei Ebenen gestellt. Das eine ist der Bereich der Sicherheitsstandards, denn natürlich müssen wir auch für den Fall, dass es uns nicht gelingt, diese Ausstiegsszenarien zu verhandeln, zumindest eine optimale Sicherheitsgarantie entwickeln. Diese haben wir gemeinsam entwickelt, und wir werden auch kontrollieren, dass diese Standards eingehalten werden. Aber noch wichtiger ist es, nach den Wahlen in Tschechien mit der neuen Regierung – wir sehen ja, dass es momentan sehr schwierig ist, in diese Wahlkampfpolemik mit sachlichen Argumenten einzugreifen – auch über eine Nullvariante, über ein Ausstiegsszenario zu verhandeln.

Es wurde kritisiert, dass wir das Thema Atomkraft mit den Beitrittsverhandlungen verbinden. Meine Damen und Herren! Wir sollten uns zumindest in dieser Frage mit Ihnen eigentlich in guter Koalition befinden, denn das war doch auch immer Ihre Linie, Frau Abgeordnete Sima. Haben Sie schon vergessen, dass Sie es gewesen sind, die im August 1999 – ich hoffe, Frau Abgeordnete Sima, Sie nehmen nicht nur in Wahlkämpfen eine klare Position ein – mit dem damaligen Kanzler Klima vor der Organisation "Mütter gegen Atomgefahr" aufgetreten ist, dass Kanzler Klima den "Müttern gegen Atomgefahr" versprochen hat: Kein EU-Beitritt mit AKW Temelín!? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Jetzt wollen sie nichts mehr davon wissen!)

Meine Damen und Herren! Stimmt das, was Sie den Österreichern vor der Nationalratswahl 1999 gesagt haben, jetzt noch oder nicht? Das ist Ihr Erklärungsbedarf, wir haben eine klare Haltung! Wir wollen selbstverständlich auch während der Beitrittsverhandlungen auf diese Karte zurückgreifen können. Das ist doch eine gute, eine wichtige Verhandlungsposition für Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist nicht gegen Tschechien gerichtet, das ist nicht gegen die Erweiterung der Europäischen Union gerichtet – ganz im Gegenteil. Das haben wir auch klar gesagt, und das geht aus allen Anträgen und Beschlüssen eindeutig hervor. Wir stehen zu dem wichtigen Projekt der Erweiterung der Europäischen Union, und wir hoffen, dass möglichst alle Beitrittskandidaten die Kriterien für diese Erweiterung erfüllen, aber diese Kriterien müssen auch wirklich eingehalten werden. Das ist ein gutes Argument, denn die bilateralen Verhandlungen in den letzten zwölf Jahren haben weder bei der Atomenergie viel gebracht noch bei den Beneš-Dekreten. Das ist jetzt vielleicht unsere letzte Chance, eine gute Verhandlungsposition einzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich kann nur hoffen, dass der österreichische Nationalrat wieder zu diesem Konsens zurückfindet, der ja schon einmal bestanden hat: Es hat einmal All-Parteien-Anträge gegeben, die wir als Bundesregierung auch bei unseren Verhandlungen sehr gut verwenden konnten, die uns und letztlich den Österreichern, der gemeinsamen österreichischen Position den Rücken gestärkt haben. Das brauchen wir: Eine Stimme, eine klare Stimme für die Sicherheit in Österreich, und das kann nur eine Stimme für den Ausstieg aus der Atomenergie sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.46


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