Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 119

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Aber es geht auch noch um etwas Wichtigeres oder zumindest genauso Wichtiges, nämlich um Österreichs Verhältnis zu den Vereinten Nationen.

Herr Abgeordneter Khol! Sie waren heute erstaunlich zurückhaltend. An anderen Orten haben Sie sich anders geäußert, und das ist ein Problem der österreichischen Politik und der österreichischen Diplomatie.

Sie persönlich und Botschafter Pfanzelter haben – wörtlich – das Vorgehen von Stellen der Vereinten Nationen als "Intrige" bezeichnet. Das ist einer der schwersten Vorwürfe, die man erheben kann. Sie sind alle Beweise dafür schuldig geblieben, aber eines ist Ihnen gelungen: gemeinsam mit Botschafter Pfanzelter das Verhältnis zu den Vereinten Nationen in einer nicht einfachen Situation schwerst zu belasten.

Wenn ein bevollmächtigter österreichischer Botschafter an die Führung der Vereinten Nationen schreibt: "Nach Informationen, die der österreichischen Bundesregierung vorliegen, liefern die Umstände, unter denen Herr A. festgenommen und inhaftiert wurde, sowie die erhobenen Vorwürfe ernsthaften Anlass, eine Intrige gegen Herrn A. zu vermuten.", dann frage ich die Vertreterin der Bundesregierung: Welche Informationen liegen Ihnen vor, die eine Intrige von Seiten der Vereinten Nationen vermuten lassen (Abg. Mag. Mühlbachler: Nein, das stimmt ja nicht!) und es notwendig erscheinen lassen, das als Beschuldigung gegenüber der Führung der Vereinten Nationen auf offiziellem diplomatischem Weg vorzubringen? (Abg. Mag. Mühlbachler: Das stimmt ja nicht!)

Und wenn Sie, Frau Bundesministerin, dann vor dem Hauptausschuss berichten – ich zitiere –: "Unsere Vertretung in New York und Botschafter Dr. Pfanzelter handelten in völliger Übereinstimmung mit mir.", dann übernehmen Sie dafür die politische Verantwortung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Mir wäre es lieber, wenn Sie für so etwas nicht die politische Verantwortung übernehmen müssten; mir wäre es lieber, wäre ein Brief dieser Art niemals geschrieben worden; mir wäre es lieber, wenn den Vereinten Nationen nicht etwas in dieser Art und Weise unterstellt worden wäre; mir wäre es lieber, wenn Sie endlich einmal einen Porzellanladen ausgelassen hätten, Frau Bundesministerin!

An diesem Punkt müssen wir einmal genauer werden (Abg. Mag. Mühlbachler: Spielen Sie sich nicht so auf! – Abg. Dr. Rasinger: Biedermann! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP): Das, was jetzt auf der Tagesordnung steht, ist die Wiederherstellung des guten Verhältnisses zwischen der österreichischen Bundesregierung und den Vereinten Nationen. Dazu bedarf es keiner Aktionen in der Art, jetzt zu erklären, "Standard"-Berichte über eine tiefe Verstimmung an der Spitze der Vereinten Nationen seien unwahr – sie stimmen und sind sehr glaubwürdig –, sondern es wäre jetzt an der Zeit, dass Sie, Frau Bundesministerin, diese Vorwürfe ernst nehmen (Abg. Hornek: Warum soll man den Unsinn ernst nehmen, den Sie sagen?), Konsequenzen daraus ziehen und klarstellen, dass dieser Brief ein einmaliger Brief bleibt und die Tradition Österreichs, so, wie es immer gegenüber den Vereinten Nationen gehandhabt wurde, in Zukunft wieder aufgenommen und aufrechterhalten wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Mühlbachler: Der moralische Oberlehrer Pilz!)

Es geht da um ein grundsätzliches Problem: Das politische Verhältnis der Regierung gegenüber den Vereinten Nationen hat sich seit der Wende, seit der schwarz-blauen Bundesregierung geändert. Ich verweise nur auf die Ressourcen, die für UN-Einsätze zur Verfügung gestellt werden, zum Beispiel Zypern – das große österreichische Kontingent.

Ich selbst habe es im Hauptausschuss erlebt, wie eine Ministerin erklären musste: Ja, wir ziehen ab, weil wir das Geld für das Eurocorps brauchen, und wir hoffen, dass Rumänen für uns in die Bresche springen werden; wir wissen es nicht einmal. – Sie sind das Risiko eingegangen, dass Zypern nicht fortgesetzt werden kann, und diese Zeichen sind in den Vereinten Nationen angekommen.


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