Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 171

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Aber ich finde eines doch etwas frivol, um mich vorsichtig auszudrücken: Wenn ausgerechnet Kollege Posch dem jetzigen Justizminister Böhmdorfer vorwirft (Abg. Gradwohl: "Frivol" und "vorsichtig"?!), dass dieser Medien in die Mangel nehme und auf Unterlassung klage. Ich darf daran erinnern, dass im Jahre 1995 eine Medienkampagne der "Kronen Zeitung" gegen den Kollegen Posch stattgefunden hat, über die man durchaus geteilter Meinung sein kann. Da wurde nämlich dem Kollegen Posch etwas vorgeworfen: Er war damals, 1995, äußerst gut beschäftigt. Er war nämlich nicht nur aktiver Mittelschulprofessor, sondern auch Angehöriger des Hohen Hauses, und darüber hinaus hat er auch noch die Zeit gefunden, ein Mandat im Europäischen Parlament zu bekleiden. Diese Dreifachfunktion wurde ihm vorgeworfen.

Abgeordneter Posch wurde dann mehrfach in der Zeitung abgebildet, und er hat dann etwas Unfassbares getan: Er hat versucht, die "Kronen Zeitung" in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zu stören, und er hat die "Kronen Zeitung" auf Unterlassung der Abbildung seines Bildes in der "Kronen Zeitung" geklagt. – Doch ein etwas kühnes Unterfangen, denn wir alle stehen ja doch irgendwie in der Öffentlichkeit. Er hat aber argumentiert, das sei unzulässig, die "Kronen Zeitung" dürfe sein Konterfei nicht abbilden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem Zivilprozess ist es eigentlich immer so, dass der, der gewinnt, die Kosten bezahlt bekommt. Das heißt, einer bleibt immer auf den Kosten sitzen, einer muss immer die Kosten bezahlen. In diesem Prozess ist allerdings das Kunststück gelungen, dass sowohl der Kläger – Posch – als auch der Beklagte – "Kronen Zeitung" – die vollen Kosten bekommen haben. Das war durch eine Beschwerde der "Kronen Zeitung" beim Europäischen Gerichtshof möglich, indem die "Kronen Zeitung" diesen Prozess gewonnen hat und die Republik Österreich verurteilt wurde – ich glaube, zu Recht –, weil es unzulässig ist, einem Medium zu untersagen, das Bild eines Abgeordneten in einer Zeitung abzudrucken.

Ich werfe Kollegem Posch nicht vor, dass er sich zu wehren versucht hat, es ist sein gutes Recht, aber wenn man immer auf die anderen zeigt und sagt: Ihr klagt die "armen" Medien, die Pressefreiheit ist beeinträchtigt!, dann aber sagt: Ihr Medien, ihr dürft mein Bild im Zusammenhang mit einer Berichterstattung nicht abdrucken!, so ist das doch, wie ich meine, ein Messen mit zweierlei Maß. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. – Bitte.

19.40

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute schon die zweite Materie, die sehr deutlich aufzeigt, dass nationale Problemlösungskapazitäten eher eingeschränkt sind, dass eine Nation allein eine Problemlösung kaum herbeiführen kann. Heute wurde uns ja sehr deutlich vor Augen geführt, dass wir beispielsweise in der Causa Temelín immer auf Dialog ausgerichtet sein müssen, um tatsächlich etwas zu bewegen. Wir haben natürlich auch in diesem breiten Problemfeld der Menschenrechte diesen Dialog zu führen und haben uns ständig auf internationaler Ebene um Verbündete zu bemühen, um tatsächlich einen Fortschritt bei diesen Standards zu erzielen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir ist es ein Bedürfnis, in diesem Zusammenhang auch von den Sudetendeutschen und von den Beneš-Dekreten zu reden.

Ich empfinde es als schmerzhaft, wenn Österreich in dieser Causa Tschechien so begegnet, als würden sich zwei Feinde in einer Sache gegenüberstehen. Das kann doch nicht im Sinne einer Problemlösung sein! Ich meine, dass wir dann, wenn wir über Menschenrechte diskutieren, uns auch einmal dessen bewusst werden müssen, dass wir auf dem Weg zu einer höheren Ordnung sein müssen, die in solchen Problemfällen wie dem Fall mit den Beneš-Dekreten tatsächlich nationale und internationale Problemlösungen anbieten kann.

Ich finde, dass es traurig, ja fast beschämend ist, wenn beispielsweise den Sudetendeutschen erst durch eine massive Kampagne hier in Österreich, zum Teil auch Medienkampagne, ge


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