Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 100. Sitzung / Seite 22

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Und im Duden, Herr Kollege Khol, steht tatsächlich: umgangssprachlich für verderben, verunstalten. – Genau das ist gemeint. (Die Abgeordneten Ing. Westenthaler und Mag. Schweitzer zeigen je ein Foto. – Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung des Abg. Mag. Kogler  –: Werner, wo ist er?)

Und für den Fall, dass Sie immer noch Zweifel haben und es für unzulässig halten, sich hier auf das Österreichische Wörterbuch und den Duden zu konzentrieren, darf ich Ihnen sagen, dass ein gewisser Bernhard Görg, 25. August 2000, die Pläne eines Architekten abgelehnt hat, weil – jetzt wörtlich – "sie das Stadtbild ,verhunzen‘ würden". (Abg. Mag. Schweitzer: Also, wo ist der Öllinger jetzt?) – Ist das der Grund dafür, dass Sie Herrn Görg nicht mehr in der Volkspartei haben wollen? (Beifall bei den Grünen.)

Ein anderer ÖVP-Politiker, 21. Oktober 2000, sagte: Er werde es nicht zulassen, "dass der große Dienst seiner 30 000 Mitarbeiter ... verhunzt wird". – Innenminister Strasser. (Abg. Mag. Schweitzer: Herr Dr. Spindelegger, sehen Sie den Öllinger?)

Und dann gibt es noch ein Zitat, Herr Kollege Khol, ich lese es Ihnen ganz kurz vor: "Pfui! Pfui über das schlappe Kastraten-Jahrhundert, zu nichts nütze, als die Taten der Vorzeit wiederzukäuen und die Helden des Altertums mit Kommentationen zu schinden und zu verhunzen mit Trauerspielen." (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sagt Ihnen das Zitat etwas? – Friedrich Schiller. Und was der um das Jahr 1800 darf, werden Sie den Grünen vielleicht auch zubilligen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Die angeblichen Grundmotive dieser Universitätsreform billige ich nicht nur aus vollstem Herzen, sondern mit glühendem Herzen. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum hat mich der Öllinger gestern sitzen gelassen?)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Van der Bellen, bitte, nicht jedes Zitat von Goethe und Schiller ist in diesem Haus erlaubt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Eines kenne ich von Goethe, das ich manchmal schon gerne verwendet hätte (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), es aber nicht getan habe, Herr Präsident!

Nämlich – ich bin wieder bei der Universitätsreform –: die Qualität von Forschung und Lehre erhöhen, die Stärkung der Autonomie, die Beschleunigung der Entscheidungsabläufe, die Verkürzung der Entscheidungswege, vermittelt unter anderem über das Globalbudget, über ein Drei-Jahres-Budget, natürlich unter Verantwortung gegenüber dem Staat, das heißt gegenüber der Republik, auf der Basis einer so genannten Leistungsvereinbarung. Und was ist aus diesen Zielen geworden, meine Damen und Herren? – Wir haben hier ein detailverliebtes Gesetz. Statt sich auf Richtlinien zu beschränken, wird alles Mögliche im Detail geregelt, statt es der Autonomie der Universität zu überlassen. Wie es geregelt wird, widerspricht aber teilweise den Intentionen der ursprünglichen Zielsetzung.

Zum Beispiel – ich kann das in den 10 Minuten nur beispielhaft durchgehen –: Eine forschungsorientierte Organisation, meine Damen und Herren, muss dezentral geführt werden, sie basiert ja auf der Initiative der Menschen sozusagen unten an der Basis. Die Entscheidungskompetenzen müssen so weit wie möglich nach unten verlagert werden. Was macht dieser Gesetzentwurf? – Genau das Gegenteil! Die Entscheidungskompetenzen werden zur Gänze an der Spitze konzentriert, nämlich beim so genannten Universitätsrat und beim Rektorat. Und innerhalb der Universität darf es keine entscheidungsbefugten Gremien, Kollegialorgane, Kommissionen und so weiter mehr geben (die Abgeordneten Ing. Westenthaler und Mag. Schweitzer: Wo ist der Öllinger?), insbesondere keine so genannten teilrechtsfähigen Einrichtungen.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Khol – es schmückt Sie auch der Titel "Professor" –, ich kann Ihnen nur sagen: Harvard wird nicht nach solchen Prinzipien geführt, Stanford nicht, das MIT nicht, die University of Chicago nicht. Die werden nicht nach solch einem Prinzip geführt. In all diesen Universitäten, die in der Tat, zumindest was den Forschungsoutput betrifft, unser


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