Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 100. Sitzung / Seite 113

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15.27

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werter Herr Staatssekretär! Wir führen diese Debatte über Unrechtsurteile im Zusammenhang mit Desertion, Fahnenflucht und Wehrkraftzersetzung ja nicht zum ersten Mal. Hier im Hohen Haus haben wir uns sehr intensiv im Jahr 1999 damit befasst und auch einen aus meiner Sicht damals gerechtfertigten und erfreulichen Entschließungsantrag gefasst.

Wir von der ÖVP haben uns jedes Mal um eine sehr sachgerechte Lösung bemüht – mit großem Respekt vor jenen Soldaten, die ihre Pflicht getan haben und nicht desertiert sind oder die im Krieg geblieben sind. Wir von der ÖVP haben aber auch Verständnis dafür, dass es einen intensiven Wunsch all jener gibt, die Opfer dieses Unrechtsregimes geworden sind.

Wir haben uns in all diesen Debatten immer für eine Einzelfallentscheidung ausgesprochen, nie für eine kollektive Rehabilitierung, weil eine kollektive Erwähnung, dass alle Urteile damals Unrecht gewesen wären, neues Unrecht schaffen würde.

Ich denke, dass es notwendig ist, jeden Einzelfall eigens zu betrachten – dafür gab es auch im Jahr 1999 den Auftrag für die Forschungsarbeit, die schon erwähnt worden ist.

Kollegin Stoisits hat die deutsche Rechtslage erwähnt und gemeint, dass wir es so machen sollten wie die Deutschen. Liebe Kollegin Stoisits, in den Jahren 1997 und 1998 wurden dem deutschen Bundestag Akten vorlegt – etwa 200 an der Zahl –, auch alles Einzelentscheidungen und keine generelle Verurteilung, dass alle Urteile betreffend Desertion automatisch Unrecht waren.

Es gilt daher, auch in Österreich im Einzelfall zu prüfen, ob ein Deserteur oder ein wegen Desertion, Fahnenflucht, Wehrkraftzersetzung Verurteilter Opfer war oder ob die Einzelfallumstände nicht doch so gewesen sind, dass man von einem rechtsgültigen Urteil sprechen kann.

Ich bin Ihrer Meinung, dass man Betroffenen, wenn es Unrechtsurteile waren, sehr wohl auch die soziale Absicherung, die wir in diesen Fällen grundsätzlich bejahen, zukommen lässt.

Ich verwahre mich aber dagegen, 57 Jahre nach dem Krieg zu sagen, dass wir jetzt alles natürlich besser wissen. Ich meine, es ist angebracht, sich in die damalige Zeit zu versetzen. Man hat ja bereits nach dem Krieg relativ rasch einen Großteil der Urteile der Militärjustiz generell als Unrecht erklärt.

Was damals nicht als Unrecht erklärt worden ist, muss heute im Einzelfall aufgearbeitet werden. Den sozialen Hintergrund, den Sie darin sehen, können wir aber auf alle Fälle unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, mache ich auf Folgendes aufmerksam: Es erfolgen noch zwei Wortmeldungen, dann werden wir unmittelbar abstimmen, weil die Debatte über den vorigen Verhandlungsgegenstand bereits geschlossen wurde. Nach Ende dieser Debatte kommen wir also ohne weitere Debatten zu einer Reihe von Abstimmungen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

15.31

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Herr Bundesminister hat in seiner Anfragebesprechung die Fangfragen, die gestellt wurden, als solche erkannt. Er hat sie, so glaube ich, auch in einer sachgerechten und richtigen Art und Weise beantwortet.

Ich möchte vorweg noch kurz auf die Aussagen der Kollegin Lapp eingehen und ihr zu ihrem Anliegen – sie hat gemeint, die Kompetenz in Opferfürsorgeangelegenheiten sollte sich nicht weg vom Bundesminister verschieben – nur sagen, dass sich infolge des eingeleiteten Begut


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