Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 35

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unterbrechen. Lassen Sie mich doch in aller Ruhe und völlig fair meine Ausführungen fortsetzen!

Wie schaut es denn derzeit mit dem zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahren aus? – Da gibt es einerseits die unabhängigen Senate und andererseits weisungsgebundene Beamte. Noch dazu kommt es bei diesen Beamten zu so genannten Mischverwendungen, das heißt, die Beamten, die im operativen Bereich eingesetzt werden, werden schlussendlich auch in der zweiten Instanz im Rechtsmittelverfahren tätig.

Wie schaut denn das in der Praxis aus? – Ein Steuerakt wird im Referat erledigt, der Mitarbeiter kennt sich nicht recht aus, fragt seinen Referenten, der Referent den Gruppenleiter, der Gruppenleiter den Fachbereichsleiter, und der Fachbereichsleiter geht schlussendlich in der zweiten Instanz zum Fachbereichsleiter in der FLD. Dann ergeht der Bescheid im Sinne dessen, was der Fachbereichsleiter in der zweiten Instanz erklärt hat. Der Bürger, der Rechtsmittelwerber erhebt gegen diesen Bescheid Berufung, und dann passiert Folgendes: Genau jener Beamte, der ursprünglich entschieden hat, wie der Akt zu erledigen ist, entscheidet über diese Berufung. – Das ist ein Rechtsschutzstandard, der den modernen Erfordernissen bei weitem nicht mehr entspricht, meine Damen und Herren!

Dieses Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz und dieser unabhängige Finanzsenat würden auch eine wesentliche Entlastung der Höchstgerichte, des VwGH und des VfGH, bedeuten. Warum? – Wenn Berufungserledigungen durch einen unabhängigen Senat erfolgen, dann ist die Akzeptanz der Entscheidung beim Rechtsmittelwerber wesentlich größer, als wenn eine Entscheidung durch einen weisungsgebundenen Beamten erfolgt. Daher wird die Anzahl der Verfahren vor dem VfGH und vor dem VwGH wesentlich zurückgehen.

Dazu kommt, dass dieser unabhängige Finanzsenat auch dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit in der Verwaltung entspricht. Dieser unabhängige Finanzsenat hätte keinerlei für Gerichte übliche Zugangsbeschränkungen. Es gibt keine Gebührenpflicht, es gibt keine Kosten im Falle des Nichtobsiegens, es ist kein Anwaltszwang vorgesehen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es da zu einer Stärkung der Bürgerrechte kommt, vor allem, weil eine unabhängige Rechtsmittelbehörde tätig wird.

Wie soll das jetzt in die Praxis umgesetzt werden? – Der Hauptsitz des UFS wird Wien sein. In den Ländern Vorarlberg, Steiermark, Tirol, Kärnten, Oberösterreich und Salzburg wird es so genannte Landessenate geben, wobei – das hat Herr Kollege Heindl schon gesagt – alle Verfahren – abgabenrechtliche, finanzstrafrechtliche und zollrechtliche – in diesem unabhängigen Finanzsenat zusammengefasst werden.

Das Wichtige und aus meiner Sicht wirklich Großartige bei dieser Lösung in Form eines unabhängigen Finanzsenates ist die Tatsache, dass die Senatsmitglieder weisungsfrei, unabsetzbar und unversetzbar sind. Das heißt, sie können frei entscheiden und sind in keiner Weise an Erlässe oder Dienstanweisungen – egal, ob mündlich oder schriftlich – gebunden. Sie haben auch nicht zu befürchten, in ihrer Karriereplanung einen Knick zu bekommen, wenn sie sich nicht danach richten, was ihr Vorgesetzter sagt.

Ich war selbst rund ein Jahrzehnt Mitarbeiter der österreichischen Finanzverwaltung und weiß, wovon ich rede und wie schwierig es ist, als kleiner Referent oder Betriebsprüfer eine Entscheidung zu fällen, wenn der Herr Hofrat, der Herr Vorstand oder der Gruppenleiter anderer Meinung ist. Es ist daher unheimlich wichtig, dass unabhängige, unabsetzbare und unversetzbare Senatsmitglieder tätig werden.

Es ist auch so, dass es durch die Zusammensetzung des Senates – zwei Mitarbeiter aus dem Fachbereich und zwei Laien – zu einem ausgewogenen Verhältnis in der Betrachtungsweise des Rechtsmittels kommt, dass es daher aber schlussendlich zu einer Entscheidung kommen muss. Da hat der Senatsvorsitzende das Dirimierungsrecht und entscheidet letztlich.


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