Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 109

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Eine Reform ist auch deshalb erforderlich, weil es nach wie vor in einigen Bereichen unseres Hochschulsystems Probleme gibt – und das soll man nicht verschweigen. Das größte Problem ist, dass wir in Österreich nach wie vor insgesamt gesehen einen geringen Akademikeranteil haben und uns diesbezüglich leider am Ende der Skala der industrialisierten Welt bewegen. Wir haben nach wie vor zu wenig Frauen unter den Universitätsprofessoren, wir haben nach wie vor überdurchschnittlich lange Studiendauern und hohe Drop-out-Raten, und wir haben trotz der Reformen des Jahres 1993 noch immer aufwendige Verwaltungsstrukturen mit starken Abhängigkeiten der Universitäten vom Ministerium.

Wir haben auch eine Reihe von strukturellen Problemen an den Universitäten, aber einer der größten Nachteile ist vielleicht die zu geringe Verankerung der Universitäten im gesellschaftlichen und im regionalen Umfeld.

Auch die Finanzierung über Drittmittel ist in Österreich geringer, als sie dem internationalen Maßstab entsprechen würde. Daher ist es sinnvoll – absolut sinnvoll –, über eine Reform unserer Universitäten zu diskutieren. Ich unterstütze es daher, dass wir in der österreichischen Öffentlichkeit eine breite Debatte zu diesem Thema durchführen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es stellt sich allerdings die Frage, wie man zu einer Reform kommt. Für uns Sozialdemokraten ist klar: Reformen bedürfen der überwiegenden Zustimmung der einzelnen Betroffenen-Gruppen. Wer sind die Betroffenen-Gruppen? – Es sind dies die Studierenden, die Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die administrativen Mitarbeiter und letztendlich auch die Bürger unserer Gesellschaft, die gesamte Gesellschaft und die Wirtschaft. Daher sind die unterschiedlichen Erwartungshaltungen, die es an eine Universität gibt, in eine vernünftige Balance zu bringen, damit wir zu einer höheren Qualität kommen.

Das, was sich die unterschiedlichen Betroffenen-Gruppen erwarten, ist kein Geheimnis, nämlich in Bezug auf das Lehrangebot, die Anwendung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, den persönlichen Kontakt. Sie erwarten sich ein Studium frei von existentiellen Sorgen und ein Studium, das auch gute Möglichkeiten auf dem nationalen und internationalen Arbeitsmarkt schafft.

Wir wollen daneben aber auch die wissenschaftliche Freiheit weiterentwickeln und letztendlich ein Klima für die Freiheit der wissenschaftlichen Diskussion und für die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung schaffen. Wir sind nicht der Auffassung, Frau Bundesministerin, dass man mit Demotivierung der Mitarbeiter der österreichischen Universitäten die Freiheit der Wissenschaft erreichen kann. Das ist nicht möglich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ministerium hat einen Vorschlag in Begutachtung gebracht. Wenn man die verschiedenen Stellungnahmen liest, die aus den unterschiedlichen betroffenen Gruppen kommen, und sie zusammenfasst, Frau Bundesministerin, dann muss ich sagen, das ist nicht oppositionelle Rhetorik. Aus der Stellungnahme der Österreichischen Rektorenkonferenz, die diese Stellungnahme mit Zweidrittelmehrheit beschlossen hat, stammt Folgendes: Es wird von einer Beseitigung des Selbstverwaltungscharakters der Universitäten statt Autonomie gesprochen, von der Bestellung von Mitgliedern des Universitätsrates ohne universitäre Legitimation, von der Beseitigung der Mitentscheidung des Senats über die Entwicklung und innere Organisation der Universität und von Leistungsdiktat statt Leistungsvereinbarung. Darin ist die Rede von unfairen Verhandlungspositionen, es wird kritisiert, dass es keine adäquate Berücksichtigung der Ausgliederungsfolgekosten gibt, dass es Fremdbestimmung statt universitärer Selbstbestimmung gibt und so weiter und so fort.

Sehr verehrte Frau Ministerin! Wenn man all diese Stellungnahmen – und es gibt noch weitere des Mittelbaus und der Österreichischen Hochschülerschaft – liest, so kann man diese doch nur mit dem Begriff "vernichtend" zusammenfassen. Die Bewertung Ihres Gesetzentwurfes durch alle Betroffenen stellt ein vernichtendes Urteil dar! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )


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