Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang sind einige Dinge zu besprechen, die nicht mit der vorliegenden Immunitätsangelegenheit zu tun haben, sondern damit, wie das Parlament als Kollegialorgan mit Immunitätsfragen in der Vergangenheit umgegangen ist und in Zukunft umgehen wird.
Ich darf in Erinnerung rufen, dass im Jahre 1996 auf Grund verschiedener Vorkommnisse das Haus mit Mehrheit beschlossen hat, Bürger in der Wahrnehmung ihrer Rechte und in der Wahrnehmung ihrer Würde vor Politikern, die sie beschimpfen, herabwürdigen oder sich ihnen gegenüber kreditschädigend verhalten, dadurch zu schützen, dass in solchen Fällen trotz des Vorliegens eines politischen Zusammenhanges eine Auslieferung des entsprechenden Abgeordneten erfolgen wird. Diese Regelung hat dazu geführt, dass es zu einer Verringerung der Anzahl der Tatbestände gekommen ist und dass selbst diejenigen, die Mitglieder des Hohen Hauses waren und in den Jahren zuvor vehement und immer stärker und immer öfter Bürger in ihrer Würde beeinträchtigt haben, ausgeliefert wurden.
Die Anzahl solcher Fälle hat sich also verringert, und diese Entscheidungspraxis des Immunitätsausschusses hat sich auch bewährt – bis zu jener Abstimmung, die vor einigen Wochen hier im Haus durchgeführt wurde, wo der Immunitätsausschuss zwar einer Auslieferung zugestimmt hatte, aber bei der Abstimmung hier im Haus ein Großteil der Fraktionsmitglieder der ÖVP und der Freiheitlichen ihren Klubobleuten nicht gefolgt ist und der Auslieferung einer Abgeordneten dieses Hauses nicht zugestimmt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit war die bisherige Entscheidungspraxis des Immunitätsausschusses hinfällig, denn da es sich beim Immunitätsrecht um ein Kollegialrecht dieses Hauses handelt, kann es nicht so sein, dass Mehrheiten darüber entscheiden, ob Abgeordnete weiterhin Bürger herabwürdigen dürfen, kreditschädigendes Verhalten an den Tag legen dürfen und nicht ausgeliefert werden, weil sie der Mehrheitsfraktion angehören, wogegen andere, die nicht der Mehrheitsfraktion angehören, für die gleichen Delikte, wenn sie sie begehen, ausgeliefert werden. Das Immunitätsrecht muss vielmehr ein kollegiales und einfach handhabbares Schutzrecht der Abgeordneten sein, zu dem wir uns auch bekennen. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Schutzrecht muss auch für die Vertreter und Abgeordneten der Minderheiten in diesem Haus Gültigkeit haben. Daher kam es in einer Sitzung des Immunitätsausschusses meiner Meinung nach zu einem Rückschritt, obwohl es von Seiten der Regierungsfraktionen immer wieder Ankündigungen gegeben hat, man würde sich um eine Neuregelung im Immunitätsbereich, die auch den zivilrechtlichen Schutz dieses Immunitätsinstruments umfassen würde, bemühen und entsprechende Verhandlungen aufnehmen.
Diese Verhandlungen haben bis heute nicht stattgefunden. Es wurden zwar hervorragende Unterlagen erarbeitet, aber die Verhandlungen darüber haben nicht stattgefunden, weshalb wir uns heute in der Situation befinden, dass der Nationalrat im Immunitätsbereich wieder auf die Regelung von vor 1996 zurückkehrt und damit – ich sage das, obwohl es mir schwer über die Lippen kommt – einige Abgeordnete hier im Haus wahrscheinlich wieder das Privileg für sich in Anspruch nehmen werden, das eigentlich ein Schutzmechanismus des Kollegialorgans ist, nämlich die parlamentarische Immunität, um politisch aktive Bürger in einer Form zu behandeln, die kreditschädigend und herabwürdigend ist. Ich befürchte das. Deshalb bezeichne ich das jetzige Zurückgehen auf diese Entscheidungspraxis als einen Rückschritt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass wir, so wie es in dem Passus, der mit dem Beschluss des Immunitätsausschusses verbunden ist, angekündigt wird, tatsächlich am Beginn der kommenden Legislaturperiode in eine umfassende Diskussion des Immunitätsbegriffes und einer Entscheidungspraxis eintreten werden, die auch eine Gesetzesänderung betreffend das Immunitätsrecht für Abgeordnete dieses Hauses umfassen wird. Ich hoffe, dass es diese Verhandlungen tatsächlich geben wird und dass wir zu einer guten Regelung kommen, die einerseits das Recht des Parlamentariers, unangenehme Fragen stellen zu können, ohne in