Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 210

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richtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten hin überprüfen.

Begründung:

Um den Zuschlag an das Unternehmen Thomson für die Beschaffung von Radaranlagen für das Österreichische Bundesheer besteht seit Jahren der Verdacht, dass es dabei zu Provisionszahlungen gekommen sei, beziehungsweise ist erwiesen, dass der Sozialdemokratischen Partei 20 Millionen Schilling an Provision angeboten wurden. Der damalige Parteivorsitzende Dr. Vranitzky hat diesen Sachverhalt umgehend der Staatsanwaltschaft angezeigt.

Unklar bleibt, ob und in welcher Höhe solche Zahlungen der ÖVP beziehungsweise Vertretern dieser Partei angeboten wurden, die ja bei dieser Vergabe (Wirtschaftsminister Schüssel und Landesverteidigungsminister Fasslabend) maßgeblich waren.

Zirka vor einem Jahr wurde bekannt, dass nach Aussagen des Vermittlers Karl-Heinz Schreiber dieser Bundeskanzler Dr. Schüssel als Zeuge in einem Rechtsstreit mit dem Unternehmen Thomson beantragt hat. Bei dieser Causa handelt es sich um eine Forderung Schreibers gegen Thomson in der Höhe von 1,25 Millionen Schweizer Franken (rund 10 Millionen Schilling), gewidmet als Vermittlerprovision aus der gegenständlichen Beschaffung von Radargeräten im Auftragswert von 1,3 Milliarden Schilling. Das Verfahren ist noch anhängig.

Auffällig ist die Parallelität vieler Vorgänge zum deutschen CDU Spendenskandal (Dico-Soft) aber auch die Identität der involvierten Personen. Im Terminkalender Schreibers scheinen mehrmals die Namen des damaligen Wirtschaftsminister Dr. Schüssel und des Leiters der Ausschreibung des gegenständlichen Beschaffungsauftrages auf.

Unterlagen aus dem in der Schweiz stattfindenden Gerichtsverfahren zwischen Schreiber und Thomson belegen laut dem Magazin News, wie Thomson-Lobbyisten unmittelbar vor dem entscheidenden Hearing – über Vermittlung von Karl-Heinz Schreiber – direkt mit Schüssel Kontakt aufnahmen.

Im Terminkalender Schreibers findet sich auch eine Notiz mit dem Wortlaut "Wiesheu wg. Schüssel S 100 T 30 M 25 K 25", ein ähnliches Kürzel "LK 1" wurde durch die deutschen Steuerbehörden als Vermerk über eine Zahlung von 1 Millionen DM an CDU-Schatzmeister Walter Leisler Kiep entschlüsselt. "News" berichtet in seiner Ausgabe vom 16. Mai 2002 nun folgende Neuigkeiten: Schon am 6. August 1994 hat Schreiber in seinem Kalender folgende Eintragungen notiert: "Schüssel ÖVP ok" und "Ericson 200 %, Schweden, Thomson 270 %, Frankreich, Öst. Wirtschaftsministerium."

Damit ist ein neues Mosaik in diesem Vergabesumpf aufgetaucht. Fast drei Wochen vor Vorlage des nachgebesserten Angebotes durch die Firma Thomson wusste Schreiber, wie dieses Angebot aussehen wird. Zur Erinnerung: Die Erhöhung dieses Kompensationsangebotes war für den damaligen Wirtschaftsminister Dr. Schüssel ausschlaggebend, dem drittgereihten Unternehmen schließlich den Zuschlag zu geben. In diesem Zusammenhang bekommt der Eintrag bei Schreiber "Schüssel ÖVP ok" eine neue Bedeutung. Scheinbar dürfte in Vorgesprächen die Erhöhung des Kompensationsangebotes auf 270 Prozent durch Thomson vorbesprochen und eine positive Erledigung durch Schüssel oder seine Beauftragten in Aussicht gestellt worden sein.

Der Verdacht liegt somit sehr nahe, dass – wenn der nicht zuständigen Regierungspartei 20 Millionen ATS an Provision angeboten werden – auch Zahlungen an den damaligen Wirtschaftsminister nunmehrigen Bundeskanzler Dr. Schüssel stattgefunden haben beziehungsweise entsprechende Zahlungen angeboten wurden, da ja die Bewertung von Dr. Schüssel für die Vorreihung von prioritärer Bedeutung war.

Wie den Medien zu entnehmen ist, kam es in den Jahren 1993 bis 1995 zu Vermögenszuwächsen für die Österreichische Volkspartei.


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