Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 43

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Teil aus den Mitteln jenes Vermögens kompensiert werden, das auch für sonstige familienpolitisch erwünschte Leistungen zur Verfügung steht ("Familienlastenausgleichsfonds").

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

10.27

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte im Gegensatz zu meinem Vorredner sachlich bleiben, möchte aber doch den wohl ersten freiheitlichen Propheten der Neuzeit schon korrigieren.

Herr Kollege Pumberger! Ich verkenne nicht, dass dieses Gesetz sehr viel gebracht hat, trotzdem mischt sich nach der anfänglichen Freude über die in letzter Minute erzielte Vier-Parteien-Einigung doch schön langsam ein schaler, bitterer Beigeschmack in diese Debatte.

Sie beschränken die Pflege von Sterbenden nunmehr auf Verwandte. Es dürfte scheinbar einigen Parteien oder Teilen der Regierung nicht klar sein, dass sich Freundschaft, Nähe, Zuwendung nicht immer auf Verwandtschaft beschränken und dass mendelsche Vererbungslehren nicht zwangsläufig ein Mehr an Zuwendung, Nähe und Freundschaft bedeuten. (Beifall bei den Grünen.)

Sie klammern andere Partnerschaften, auch gleichgeschlechtliche Sympathien, Treue und Liebe bewusst aus, und das beantworten Sie einfach mit einem keuschen Kopfschütteln. So etwas gibt es bei Ihnen nicht. Ich finde daher die Reduktion dieser Pflegekarenz auf reine Verwandtschaftsbeziehungen kühl, nein, kalt, schnoddrig und an der Realität vorbeigehend. Es ist eine vertane Chance. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn Sie nun aber völlig ungeniert diese Vier-Parteien-Einigung durchbrechen, indem Sie eine soziale, finanzielle Absicherung jenen, die sich der Pflege von Sterbenden widmen wollen, nicht gewähren, dann machen Sie auch eine Tür auf, und zwar die Tür, dass die Pflege von Sterbenden möglicherweise zur Domäne der Wohlhabenden und Begüterten wird und jener, auf deren Einkommen ich möglicherweise verzichten kann. Wer wird das sein? – Das werden die Frauen sein, die in ihrer altbekannten Rolle der Fürsorglichen, der Opferbereiten von Ihnen erneut zementiert werden. Das finde ich nicht gut. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann nur sagen: Wenn Sie die Liebe zu den Alten, Gebrechlichen, Schwachen und Sterbenden nur dann am Revers tragen, wenn die Mühen der Ebenen noch gar nicht bewältigt sind, nur dann am Revers tragen, wenn es sich für Sie nicht rechnet, das zu bezahlen, dann finde ich das schon etwas eigenartig für eine christlich-soziale Partei; worauf sich die Freiheitlichen berufen, weiß ich im konkreten Einzelfall jetzt nicht. Aber ich kann nur sagen: Kyrie eleison – vor so viel blinder Selbstgerechtigkeit einiger! Einiger, muss ich betonen; ich muss da ganz klar differenzieren. (Beifall bei den Grünen.)

Dann diskutieren Sie das Pflegegeld an. Pflegegeld ist eine notwendige Leistung für professionelle Pflege, die teilweise ganz klar in den medizinischen Versorgungsbereich hinein überlappt. Wenn Sie nun meinen, man müsste jenen, die Karenz beanspruchen, aus diesem Pflegegeld irgendwelche Abgeltungen geben, dann übersehen Sie etwas, nämlich: in welche Situation Sie Sterbende bringen, die ihr Pflegegeld für notwendige professionelle Hilfe benötigen. Sie können das nicht splitten! Das geht nicht, weil es nur zu Ungunsten von Versorgungsqualitäten im medizinischen und pflegerischen Bereich gehen kann.

Stellen Sie sich vor – und versetzen Sie sich einmal in die psychische Lage der Betroffenen –, Sie hätten die Wahl, zu entscheiden, welches dieser Angebote des Pflegegeldes Sie nutzen wollen – es gibt nur entweder/oder –: entweder Liebe, Zuneigung, Anwesenheit oder professionelle Pflege. (Abg. Dolinschek: Sie kennen sich nicht aus!)


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