Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 54

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Und ich sage Ihnen eines auch klar: Die erste Gruppe, die in der Öffentlichkeit (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl ) – lassen Sie mich reden, ich erkläre Ihnen das Beispiel – schon vor Jahren, vor über einem Jahrzehnt dadurch bekannt geworden ist, dass sie Sterbebegleitung gemacht hat, war die Gruppe der Angehörigen beziehungsweise der Partner, um es richtig zu sagen, von AIDS-Kranken. Denken Sie zurück! Wer hat das als Erster öffentlich wahrnehmbar und in einer Art und Weise, die nicht nur berührend war, sondern es sind auch Männer zum ersten Mal als diejenigen aufgetreten, die jemanden, der todkrank ist, pflegen, gemacht? – Das waren die Partner von AIDS-Kranken. Wen schließen Sie, Frau Abgeordnete Steibl, mit Ihrer Regelung aus? – Genau diese Gruppe! Ich werde es Ihnen sagen: Beim Zugang zur Familienhospizkarenz sind in Ihrem Modell die Lebenspartner oder die Freunde von Todkranken, AIDS-Kranken ausgeschlossen. (Zwischenruf der Abg. Steibl. )  – Nein, die dürfen nicht pflegen. – Das ist Ihre Linie.

Dann gibt es noch einen Punkt, Herr Bundesminister: Beim Zugang zu diesem Härtefonds sind wiederum die AIDS-Kranken ausgeschlossen, weil Voraussetzung für eine materielle Leistung dieses Härtefonds wäre, dass es sich um eine Familie oder die Kinder einer Familie handelt. Bei AIDS-Kranken, die durch Partner gepflegt werden, spielt es das eben nicht, wenn sie aus dem homosexuellen Milieu kommen und homosexuell sind. Das ist schlicht und ergreifend so.

Wenn man dieses Bild noch vor Augen hat – das war die erste Gruppe, die in der Öffentlichkeit so etwas wie Begleitung von todkranken Menschen vorexerziert und in unseren Köpfen als öffentliche Haltung sichtbar gemacht hat –, dann verstehe ich nicht, warum man diese Gruppe ausschließen will. Ich verstehe es nicht! Sie können auch kein logisches Argument dafür finden. Genau diese Menschen haben keine Möglichkeit. Warum werden die bestraft? Warum wird ihnen das vorenthalten, was Sie jenen, die in einer Familie mit dem Stempel leben, gewähren wollen? Erklären Sie mir das! Haben Sie einen Grund, eine Erklärung, außer dass hauptsächlich die ÖVP, vermute ich, in dieser Frage nach wie vor die Ideologie, nämlich Ablehnung aller anderen Lebensformen, über alles andere stellt? Gnadenlos sind Sie! Inhuman sind Sie! Ich kann es Ihnen nicht anders sagen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das, was Sie uns vorexerziert haben, meine Damen und Herren, ist eine scheinheilige Debatte, die unerträglich ist. Sie stellen sich her und sagen: Ach, die todkranken Menschen, wie wir uns um sie kümmern! – Das ist doch verlogen! Es tut mir Leid, ich kann das nicht anders charakterisieren. Würden Sie das Problem ... (Zwischenruf der Abg. Steibl. ) – Nicht Sie, Frau Kollegin Steibl, aber wenn Sie diese Haltung einnehmen, dann tut mir das Leid für Sie. Ich kenne nur die Haltung der ÖVP Steiermark, die in dieser Frage Offenheit praktiziert hat. Warum stellen Sie sich nicht hier her und machen dasselbe? Warum nehmen Sie nicht die Debatte auf und treten dafür ein, dass auch diese Gruppen den Zugang zur Hospizkarenz erhalten? Warum tun Sie das nicht? Warum tun Sie das nur in der Steiermark und nicht hier im Parlament? – Das frage ich Sie. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist keine Frage, die am Geld scheitern darf. Wenn wir dieses Recht Sterbenden gewähren wollen, dann muss es allen Sterbenden gewährt werden. Und wer sie pflegt, das ist ihre Angelegenheit. Wer sie begleitet – denn es geht nicht um Pflege, es geht um Begleitung –, das ist ihre Angelegenheit. Und wir haben das zu fördern und zu unterstützen. Von diesem Grundsatz gehen ich, die Grünen und auch die Sozialdemokraten aus.

Was Sie machen, ist eine bornierte ideologische Politik, die noch dazu mit einer scheinheiligen Krone versehen ist. Sie stellen sich her, Pater Filucius zum Quadrat, und sagen: Ach, wir sind ja so dafür – aber die Haltung der anderen verstehen wir nicht. Werte Sozialdemokraten und Grüne, was haben Sie denn gegen diese vorbildliche Regelung? – Ich habe Ihnen gesagt, was wir dagegen haben und was die Gründe dafür sind, die es uns so schwer machen, mit Ihnen gemeinsam zu einer Haltung zu kommen. Das sind die Gründe. Sie sollten sich wirklich schämen, dass Sie in dieser Frage nicht die Offenheit und Gnade besitzen, auch über Ihren eigenen ideologischen Schatten zu springen!


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