Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 167

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Jetzt könnte das an einem einzigen Umstand scheitern, nämlich am völligen sachlichen Desinteresse des Ministers. Ich würde Sie gerne alle, insbesondere die Medienvertreterinnen und -vertreter, einladen, einmal in den Innenausschuss zu kommen, wenn Terezija Stoisits und ich Sachfragen stellen und die seltsamsten Antworten des Ministers kriegen. Wir müssen immer wieder feststellen: Er hat das Gesetz schon wieder nicht gelesen! Dann geht immer die "Stille-Beamten-Post" los: Drei Beamte greifen sich an den Kopf, der Sachbearbeiter flüstert etwas dem Generaldirektor, der Generaldirektor flüstert etwas dem persönlichen Assistenten, der persönliche Assistent flüstert etwas dem Minister, und der Minister stellt richtig, falls die "Stille Post" funktioniert hat. – In zwei Fällen ist sie schiefgegangen. Da hat dieser Vorgang wiederholt werden müssen.

Dieser Ausschuss funktioniert auskunftsmäßig nur in Form der "Stillen Post". Trotzdem gibt es Reformen, die in eine bestimmte Richtung gehen, einfach deswegen, weil bei sachkundigen Beamten – zum Großteil nicht des Innenressorts, sondern bereits etwa der militärischen Geheimdienste – deponiert worden ist: Schafft uns eine Staatspolizei, die wir einsetzen können, nicht so wie diese, die der Justiz verpflichtet ist, sondern eine Staatspolizei, die der Partei und unseren Interessen verpflichtet ist! (Abg. Loos: Der war zu lange in Moskau oder was!)

Dazu bedarf es bestimmter Gesetze wie auch des heutigen Sicherheitspolizeigesetzes. Staatspolizeien in osteuropäischen Ländern anderer politischer Provenienz haben sich dadurch ausgezeichnet, dass sie auf privaten bezahlten Spitzelsystemen beruht haben. (Abg. Loos: Wir sollten in westlichen Demokratien bleiben!) Innenminister Strasser wollte im Sicherheitspolizeigesetz ein privates, verdecktes, bezahltes Spitzelsystem einführen. Der Verfassungsdienst hat das in seiner Stellungnahme kritisiert, schriftlich, unter Verwendung des Begriffes "Spitzel". Wir haben das im Ausschuss diskutiert, weil der Minister behauptet hat, er habe diese Passage entfernt und durch nichts anderes ersetzt. Wir sind aber draufgekommen: Unter anderem Titel und mit leichten Veränderungen ist unter dem Begriff des bezahlten Informanten genau derselbe Spitzel durch die Hintertür wieder eingeführt worden!

Das lässt sich sehr leicht überprüfen. Informanten, die gegen Belohnung bereit sind, vor Gericht zu einem Straffall etwas auszusagen, schützt man nur dadurch, dass man ihnen Anonymität gewährt. Die Informanten des Herrn Strasser kriegen jedoch falsche Urkunden.

Falsche Urkunden bekommt man aber nur dann, wenn man unter falscher Identität auftreten und arbeiten soll. Das sind genau die verdeckten Ermittler, die bezahlten Spitzel, die der Verfassungsdienst im Gesetz nicht haben wollte.

Wir bekommen Strassers Spitzelsystem, und wir bekommen Strassers – nicht "Stasi", sondern "Strasi". Wir bekommen diese neue Art der Staatssicherheit, die sich völlig von dem unterscheidet, was es bis jetzt an rechtlich kontrollierter Staatspolizei gegeben hat. (Abg. Miedl: Es ist so leicht zu polemisieren!) Bis jetzt hatten wir eine Staatspolizei, die die Strafprozessordnung vollzogen hat. Jetzt soll es einen Nachrichtendienst der Polizei geben, der das Vorfeld überwacht, der sagt, da entsteht etwas, der nicht den Auftrag hat, Straftaten, Straftäter und kriminelle, auch politisch motivierte Organisationen zu verfolgen, sondern der schauen soll, wo sich irgendetwas entwickeln könnte, wo die Verdächtigen sind.

Wir sind mit Juristen die gesetzlichen Bestimmungen durchgegangen und sind draufgekommen: Von Al-Qaida erwischt man damit keinen Einzigen, aber "Global 2000" fürchtet sich zu Recht. (Abg. Miedl: Geh, Herr Kollege!)

Wenn ich nur den Missbrauch von Datenbanken im polizeilichen Bereich der letzten fünf Jahre betrachte, das, was da alles passiert ist, von EKIS bis zum Kriminalpolizeilichen Aktenindex, und wenn ich weiß, in welcher Art und Weise Innenminister Strasser bereit ist, mit personenbezogenen Daten missbräuchlich politisch umzugehen – das wurde anhand der Vorfälle um die "VolxTheater Karawane" eindeutig und penibel dokumentiert –, dann weiß ich, was wir zu befürchten haben. Bei "Lucona" und "Noricum" sind wir draufgekommen, wie sehr ein staatspolizeiliches System von einem Innenminister, der damals der SPÖ angehört hat, missbraucht werden kann. Die damalige Staatspolizei hatte einen Bruchteil der Vollmachten und Ermächtigun


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