Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 111

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Die Österreichischen Bundesbahnen kennen auch keine Ruhensbestimmungen für ihre Pensionisten. Dazu ein reales Beispiel: Ein ÖBB-Abteilungsleiter geht mit 54,5 Jahren und 75 000 S in Pension, arbeitet danach weiter in einem anderen Unternehmen mit 60 000 S brutto und verdient damit rund 135 000 S.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Das hat überhaupt nichts mit Schüren von Neidkomplexen zu tun, sondern das empfinden alle anderen Arbeitnehmer und alle anderen Pensionisten schlicht und einfach als unfair und ungerecht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die sozialdemokratischen Gewerkschafter haben das aber immer verteidigt – und haben nicht erkannt, dass ihr stures Festhalten an solchen Sonderregelungen zu Lasten der Allgemeinheit geht und dass es angesichts der jährlich rund 50 Milliarden Schilling, die aus dem Bundesbudget für die Bundesbahnen ausgegeben werden, wenig Verständnis für diese Praxis gibt! (Abg. Dr. Cap: Schon wieder kein Applaus ...! – Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Eine ähnliche Entwicklung lässt sich jedoch auch bei anderen staatsnahen Unternehmen feststellen: Anstatt der Anwendung so genannter Vorruhestandsmodelle, deren Kosten von den Unternehmen zu tragen sind, werden die Leute einfach "krankheitsbedingt" in den Ruhestand versetzt – und dazu gibt es Medienberichte zuhauf! Wenn Sie in den letzten Tagen beispielsweise die Zeitung "Die Presse" gelesen haben, dann haben Sie sich sicherlich auch über all diese Missstände, die dort angeprangert wurden, informiert.

Da kommt es nämlich auch zur Ausübung von Druck seitens der jeweiligen Unternehmensführung, und zwar wird Druck sowohl auf die Bediensteten als auch auf die Ärzte ausgeübt! Ziel ist es offensichtlich, Bedienstete gegen ihren Willen, aber auf Kosten des Steuerzahlers in einen krankheitsbedingten Ruhestand zu drängen. – Das ist eine Praxis, die wir nicht akzeptieren können und die wir vom rechtlichen, vor allem aber auch vom moralischen Standpunkt aus nicht für vertretbar halten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Sie sind mir der richtige Moralapostel!)

Meine Damen und Herren! Auch bei der Österreichischen Post AG lag das durchschnittliche Pensionsantrittsalter 1999 noch bei 57 Jahren; bei den Ruhestandsversetzungen im Monat März des heurigen Jahres betrug es gar nur noch 48 Jahre. Nur ein Fünftel der Postbediensteten, die in diesen drei Monaten in den Ruhestand traten, hat überhaupt das gesetzliche Pensionsalter erreicht, meine Damen und Herren!

Deshalb meinen wir auch – und in diesem Zusammenhang möchte ich das ebenfalls festhalten –, gerade der letzte Postbusstreik war unangebracht, und die diesbezüglichen Ankündigungen, die es bereits für einen nächsten Streik gibt, haben keinerlei moralische Legitimation. Sie schaden auch den Bediensteten selbst, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da hat der Postbetriebsrat offensichtlich auch das wirtschaftliche Verständnis verloren, denn die schweren Verluste, die dort gemacht wurden, mussten in den letzten Jahren mit Steuergeldern abgedeckt werden. Die Postbus AG hat durch Betriebsverluste und Abwertungen in den letzten zwei Jahren zirka 50 Millionen € an Eigenkapital verloren. Auch für das heurige Jahr wird ein Verlust von 9 Millionen € prognostiziert.

Meine Damen und Herren! Es ist daher eine Zumutung, dass nicht daran gedacht wird, wie auch in diesem Bereich gespart werden kann. Es ist auch eine Zumutung, dass der Gewerkschaftsboss Wurm Verhandlungen ablehnt und zuerst eine Aufhebung des Ministerratsbeschlusses über den Verkauf verlangt. (Abg. Öllinger: Sind Sie gegen den Streik oder gegen Frühpensionierungen?) Eine solche Vorgangsweise stößt angesichts der wirtschaftlichen Lage des Postbusses bei der betroffenen Bevölkerung sicherlich auf kein Verständnis. Das wird dort ganz sicherlich nicht verstanden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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