Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 163

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

sondern darauf verweist, dass das Verbotsgesetz ihm schließlich untersage, Auschwitz zu leugnen und den Nationalsozialismus zu relativieren und zu verharmlosen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was heißt das? – Gäbe es das Verbotsgesetz nicht, würde Herr Stadler seine Meinung sagen, die offensichtlich eine andere ist als im Verbotsgesetz?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kann doch nicht sein, dass jemand, der so etwas sagt, eine der hohen öffentlichen Funktionen innehat! (Abg. Ing. Scheuch: Der Herr Gusenbauer bestimmt das!) Wir wissen, dass es leider Menschen in Österreich gibt, die die Dinge ähnlich betrachten wie Herr Stadler. Es gibt sie leider. Aber der ganz, ganz große Unterschied – und das ist die politische Verantwortung – liegt darin, dass jemand, der in Österreich Auffassungen vertritt wie Herr Stadler, kein öffentliches Amt bekleiden darf! Das ist unsere politische Verantwortung! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen ein wirklich ausgezeichnetes Buch empfehlen, das von der berühmten Wiener Sprachwissenschafterin Ruth Wodak verfasst wurde, die im Detail nachweist, worin das Problem besteht, und sie fasst es in einem Satz zusammen – ich zitiere –:

"Haider und Stadler verstehen es meisterhaft, sprachlich an den Grenzen des Verbotsgesetzes zu agieren, gleichzeitig aber inhaltlich zu signalisieren, dass sie Sympathien mit dem Nationalsozialismus haben."

Und das ist das eigentliche Problem: Durch eine Unschärfe der Sprache wird versucht, hier etwas zu suggerieren, zu unterstellen, Emotionen bei den Menschen wieder zu mobilisieren, die den Konnex mit einem der größten oder mit dem größten Verbrechensregime in der gesamten Geschichte herstellen. Das halte ich am Beginn des dritten Jahrtausends, wo wir so viel so genau wissen über diese enormen Verbrechen, die es gegeben hat, das halte ich in unserem Land in öffentlichen Ämtern wirklich nicht für tragbar, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben darauf hingewiesen, dass der Umgang mit der Geschichte in Österreich nicht einfach war, vor allem nicht einfach war für jene Menschen knapp nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich die Frage eines neuen Zusammenlebens in Österreich gestellt hat. Heute haben wir Jahrzehnte der Distanz, haben wir viel an Aufarbeitung betrieben, und es wurde auch viel Gutes in diesem Zusammenhang gemacht. Aber ich bin der Meinung, wir werden den unzähligen, den Millionen Opfern nur dann gerecht, wenn wir nicht so wie Herr Stadler versuchen, die Geschichte zu verfälschen, sondern wenn wir gemeinsam bereit sind, aus dieser Geschichte zu lernen. Nur dann werden wir diesen Opfern gerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aus dieser Geschichte zu lernen, heißt für mich, dass wir die Ursachen dieses Schreckensregimes in all ihren kleinsten Ansätzen bekämpfen müssen. Wir müssen dafür sorgen, dass es bei uns nie mehr so eine Massenarbeitslosigkeit gibt wie in den dreißiger Jahren, dass es bei uns nie mehr diese Spaltung des Landes wie in den dreißiger Jahren gibt, dass es nie mehr diesen Hass und diese Intoleranz gibt, dass es nie mehr diese Verfolgung von Juden und von anderen Volksgruppen gibt. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das ist das Lernen aus der Geschichte, und das sollten sich vor allem Sie, die Sie so lautstark dazwischenschreien, ganz deutlich ins Stammbuch schreiben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.51

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz zu meinen Vorrednern. Frau Kollegin


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite