Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 236

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ßen auch Menschen aus, die zum Beispiel in stationären Einrichtungen sterben, wo Angehörige gerne dabei sein würden und dabei sein könnten, wo es in der Praxis dann aber nicht möglich ist, weil es keine Finanzierung für die Sterbebegleitung gibt, wenn jemand im stationären Bereich untergebracht ist – nicht einmal eine Grundfinanzierung.

Das heißt, dass in Zukunft nur jene Menschen Sterbebegleitung leisten können, die den finanziellen Hintergrund haben, um es sich auch leisten zu können, für sechs Wochen oder sechs Monate aus dem Arbeitsprozess auszuscheiden.

Herr Minister! So war es nicht gedacht. Es war auch nicht so gedacht, dass Familienangehörige dann plötzlich mit 2 000 S dastehen und einen Monat davon leben sollen, denn das ist die durchschnittliche Finanzierung, die jemand bekommt, wenn er Familienhospiz leistet.

Herr Minister! Ich möchte Ihnen etwas aus meiner beruflichen Erfahrung vor meinem Eintritt ins Parlament erzählen, damit Sie sehen, wie so eine Situation wirklich aussieht: Stellen Sie sich vor, heute kommt jemand ins Krankenhaus, weil er einen Schlaganfall erlitten hat. Wenn er dann in der Sterbephase nach Hause entlassen wird, wird es nicht ausreichen, wenn er Pflegestufe 3, 4 oder vielleicht auch 5 als Vorschussleistung bekommt und ein Angehöriger die Sterbebegleitung übernehmen soll. Dieses Pflegegeld ist ganz einfach schon durch den ambulanten Dienst verbraucht, der für ihn in seiner Situation notwendig ist.

Was bleibt dann für den pflegenden Angehörigen? – Der pflegende Angehörige hat praktisch zwei Möglichkeiten: entweder, einen ambulanten Dienst für die Pflege in Anspruch zu nehmen – dann bleibt ihm kein Geld mehr für die Sterbebegleitung seines Angehörigen –, oder auf den ambulanten Dienst zu verzichten und die Leistung selbst zu erbringen – das wird er aber nicht können, weil er ganz einfach über die professionelle Ausbildung, die jemand hat, wenn er in der ambulanten Altenbetreuung tätig ist, nicht verfügt.

Herr Minister! In dieses Dilemma bringen Sie sowohl behinderte Menschen als auch deren Angehörige. Das müssen Sie überdenken. Das ist keine Lösung für dieses Problem. Wir brauchen eine Lösung, durch die sichergestellt wird, dass es, wenn jemand Sterbebegleitung übernimmt, egal ist, ob er ein Angehöriger oder eine Freundin ist, und dass die Person, die Sterbebegleitung leistet, im Vorhinein weiß, wie viel Geld sie zur Verfügung hat. Nur so kann überhaupt einmal die Überlegung angestellt werden, ob man vorübergehend aus dem Beruf ausscheiden kann, um diese Pflegekarenz zu leisten. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Wir haben darüber gesprochen, und Sie haben mir gesagt – ich habe Ihnen auch geglaubt –, Sie wissen, dass sich mit dieser Regelung genau diese Schere, diese Problematik auftut. Ich verstehe daher überhaupt nicht, warum man ein Gesetz beschließt, das in der Praxis nichts bringt, wenn man die Problematik kennt und weiß, dass durch diese Form der Finanzierung nicht sichergestellt ist, dass Familienhospiz auch wirklich geleistet werden kann.

Ich hätte mir erwartet – und ich habe Sie auch darum gebeten –, dass wir uns noch einmal zusammensetzen und versuchen, eine Finanzierung mit klaren Regelungen zu erreichen, damit sowohl Menschen, die im Sterben liegen, als auch deren Angehörige, die Sterbebegleitung leisten wollen, wissen, wie die Situation für sie aussieht. (Beifall bei den Grünen.)

Weil ich gerade gegenüber behinderten, alten und sterbenden Menschen, mit denen ich jahrelang zusammengearbeitet habe, ein großes Verantwortungsgefühl hege und nicht möchte, dass sie unter Stress sterben müssen, kann ich diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Damit, Herr Minister, würde ich nämlich dazu beitragen, dass die Angst der Sterbenden noch größer wird. – Das will ich nicht. (Beifall bei den Grünen.)

22.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

22.22

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! (Abg. Gaugg steht an der Regierungsbank und spricht mit Staatssekretär Dr. Waneck.)  – Vielleicht


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