Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 169

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haben ein hohes Geldleistungsniveau – das sagen alle Experten –, aber ein niedriges Dienstleistungsniveau. Und das ist das Stichwort. Ich zitiere Gumpinger. Er steht, glaube ich, der ÖVP sehr nahe und ist der Präsident des Österreichischen Familienbundes. Er sagte am 18. September: "Mindestens 100 000 Kinderbetreuungsplätze für Kinder von sechs bis 15 Jahren fehlen in Österreich", und so weiter und so fort.

Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung gesagt – natürlich wohltönender als ich –:

"Natürlich weiß ich, dass Geld allein nicht ausreicht ..., ein Kind zu erziehen. Es müssen auch die vielfältigsten Angebote für die Kinderbetreuung zur Verfügung stehen." Und dazu werde die Bundesregierung ihren Beitrag leisten. – Das hat der Bundeskanzler hier vor dem Nationalrat gesagt. – Aber wie alles galt auch das in dem Augenblick, in dem er es sagte, fast schon nicht mehr. Denn was hat die Regierung gemacht, als sie angetreten ist? Sie hat die Kindergarten-Milliarde gestrichen. Und was machen Sie, obwohl Sie wissen, dass 100 000 Betreuungsplätze für Kinder fehlen? Sie wollen Kampfflugzeuge kaufen, anstatt in die Zukunft unseres Landes und in die Kinder zu investieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Punkt, ein weiteres Beispiel, wie Sie die Interessen der Familien unterlaufen und was Sie mit dem Geld machen, das für Familien bestimmt ist, ist der Familientopf, der Familienlastenausgleichsfonds. Ich lese im "Kurier" vom 17. September 2002: "Der Familientopf rutscht ins Minus." Untertitel: "Vor allem durch das Kindergeld werden im Jahr 2004 Schulden gemacht."

Die vorläufige Prognose für das Jahr 2003 lautet: Der FLAF wird im Plus sein. 2003! Schauen Sie einmal genauer hin, dann werden Sie feststellen, dass bereits heute der so genannte Reservefonds, also das Familiensilber, für die Bezahlung des Kindergeldes herangezogen wird. 2004 sind die Reserven bereits verbraucht, und rund 38 Millionen € fehlen. Das heißt, Sie machen Familienpolitik auf Pump.

Sie von der ÖVP haben nichts gelernt aus Zeiten, als der FLAF defizitär war. Die ÖVP war dabei, als der FLAF defizitär war und wir Leistungen zurücknehmen mussten. Es waren nämlich ÖVP-Familienminister und -ministerinnen, die das getan haben, tun mussten, und trotzdem haben Sie nichts dazugelernt. Wir von der SPÖ haben etwas daraus gelernt. Wir sind daher nur bereit, jene Maßnahmen zu setzen, die auch leistbar sind.

Der Refrain Ihres Eigenlobes ist das schon erwähnte Kinderbetreuungsgeld, das Sie eingeführt haben. Das sagte der Herr Morak heute in der Aktuellen Stunde, die Frau Haller, der Herr Bundeskanzler. In jedem Interview kommt dieses Wort vor: Kinderbetreuungsgeld. Ich sage gleich vorweg, denn ich bin ja nicht blind gegenüber den gesellschaftlichen Realitäten: Natürlich gibt es einige Gruppen, für die das Kinderbetreuungsgeld Verbesserungen gebracht hat, selbstverständlich für Hausfrauen, für Bäuerinnen, für geringfügig Beschäftigte und so weiter und so fort (Abg. Haller: Was ist daran falsch?), aber es gibt auch eklatante Nachteile, und die muss man aufzeigen. Es gibt vor allem Nachteile für die große Gruppe der berufstätigen Frauen (Abg. Haller: Na geh!), und auf diese schwerwiegenden Mängel möchte ich aufmerksam machen. (Abg. Dr. Ofner: Sie werden es eh wieder abschaffen!)

Herr Minister Reichhold hat heute gesagt, das Kinderbetreuungsgeld ist ein Armutsbekämpfungsmittel, es dient der Armutsbekämpfung. Im Gegenteil! Mehrkinderfamilien haben ein Minus zu verzeichnen! Eine Familie mit drei Kindern verliert im ersten Jahr 386 € im Vergleich zur Karenzregelung. Das Kinderbetreuungsgeld ist nicht existenzsichernd. Vor allem Alleinerzieherinnen können nicht davon leben. Es ist auch keine Motivation für Väter, sich der Familienarbeit und der Kinderbetreuung zu widmen (Abg. Dr. Ofner: Sie werden es wieder abschaffen! Im Nu werden Sie es wieder abschaffen!), vielmehr haben Väter – und das wird auch erst bewusst werden – gar keinen Anspruch auf Karenzurlaub und keinen Kündigungsschutz, wenn sie sich nach dem zweiten Geburtstag des Kindes der Kinderarbeit widmen wollten. Überdies gilt der Kündigungsschutz nach zwei Jahren nicht mehr. Wegen dieser Nichtübereinstimmung der Geldleistung, also des Kinderbetreuungsgeldes, und der arbeitsrechtlichen Bestimmungen


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