Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 81

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in den letzten Minuten noch einmal Ihr Programm "Regieren neu" durchgeschaut und einige Ihrer Vorhaben herausgeholt und werde jetzt die Bilanz aus Ihrer Arbeit ziehen, für die Sie sich am Anfang Ihrer Regierungszeit die Latte legten. Ich glaube, dass das eine faire Umgangsweise ist. Ich messe Sie mit dem, womit Sie angetreten sind.

Punkt eins: Ich glaube, es gibt ein einziges historisches Verdienst, das bleiben und sich mit dem Namen Schüssel verbinden wird, das ist das Verdienst, dass es Herr Bundeskanzler Schüssel schaffte, ein gewisses "kleines" Parteimitglied endgültig in das politische Out zu bringen. Das ist auch sein einziges Verdienst!

Für mich interessant ist, dass Sie, Herr Bundeskanzler, in der Bilanz, die Sie gelegt haben, dieses große Verdienst nicht erwähnten, dass Sie beständig über diese Bereiche schwiegen, dass Sie sich sozusagen in der Zone der Auseinandersetzung mit ihrem eigentlichen Kontrahenten während der Regierungszeit in Schweigen hüllten.

Es ist Ihnen aber immerhin gelungen, das "kleine" Parteimitglied auszumanövrieren, aber das heften Sie interessanterweise nicht an Ihre Fahnen. Das ist einmal als Punkt eins festzustellen.

Punkt zwei: Die Regierung trat unter dem Aspekt "neu regieren" an. Da gibt es eine schöne große Präambel, und da steht unter dem Titel "starke Demokratie" Folgendes – ich zitiere –:

"Wir bejahen und verteidigen unseren demokratischen Rechtsstaat."

Doch was gab es? – Ihr Schweigen, Herr Bundeskanzler, im Fall der Verfassungsrichter beim Ortstafelkonflikt. Wofür ergriffen Sie Partei?

Zweiter Punkt zu der Ansage "Regieren neu": Wie steht es mit der Verlängerung von Lauschangriff und Rasterfahndung? Wo bleiben da die demokratischen Rechtsstaatsprinzipien? In das Gegenteil haben Sie in Ihrer konkreten Regierungspolitik Ihre Ankündigungen verkehrt.

Dritter Punkt – man blättere weiter in der Präambel –: Sie haben Folgendes festgeschrieben – Zitat –: "Fairness und soziale Gerechtigkeit ermöglichen. Wir stehen für ein leistungsfähiges und gerechtes Sozialsystem, das Benachteiligte und Bedürftige schützt und fördert."

Doch was machten Sie? Was führten Sie ein? – Ambulanzgebühren, die Sie jetzt wieder entschärfen. Sie führten eine Unfallrentenbesteuerung ein, die Sie nicht entschärfen. Sie werden wortbrüchig. "Regieren neu" ist eine Sache, die bald zum Altpapier gehört. (Beifall bei den Grünen.)

Vierter Punkt – das steht auf Seite 25 –: "Die Reform der Sozialversicherungen in Österreich. Wahl von Vertretern der Versicherten zur Stärkung der Selbstverwaltung in den Sozialversicherungen." – So hieß es in "Regieren neu".

Doch was haben wir diesbezüglich erlebt? – Den Fall Gaugg.

Es hieß "Stärkung der Selbstverwaltung", hinein sollten Versicherte, aber was machten Sie? – "Entsorgung" eines Herrn Gaugg. Ich meine, eklatanter kann der Widerspruch nicht sein zwischen dem, was Sie versprachen, was Sie als "Regieren neu" deklarierten, und dem, was Sie praktizierten. Das ist eindeutig! (Abg. Böhacker: Ist der kein Versicherter?)

Gehen wir zum Fall fünf: "Frauen und Arbeitsmarkt". Sie deklarierten – ich zitiere –: "Wir bekennen uns zum Grundsatz des gleichen Lohns für gleichwertige Arbeit. Entsprechende effiziente Maßnahmen sind gemeinsam mit den Sozialpartnern zu entwickeln und zu setzen."

Doch was geschah? – Es gab eine Studie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums, in welcher Herr Professor Emmerich Talos feststellte, dass sich die Situation für die Frauen massiv verschlechterte, weil die Teilzeitbeschäftigung deutlich zunahm. Unter dem Strich würden die Frauen in Zukunft geringere Pensionsleistungen haben, und zwar durchschnittlich – ich zitiere – "457 €".


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