Aber nicht nur in Österreich, sondern überall in
Europa und auch darüber hinaus müssen sich die Parlamente, muss sich der
Parlamentarismus erst in seiner neuen Rolle in dieser Zeit der Einigung und in
dieser Zeit der Globalisierung finden. Es besteht die Notwendigkeit, neue internationale
und regionale Zusammenarbeitsformen, Gedankenaustauschformen der Parlamente zu
finden, die parlamentarische Diplomatie weiter zu entwickeln, die Bürger wieder
stärker mit einzubeziehen, Allianzen mit NGOs auf nationaler Ebene zu
schließen.
Dass in jedem Land die
parlamentarischen Rechte ausgebaut werden, ist auch ein Punkt, der notwendig
ist. Das muss selbst dann geschehen, wenn es mühsam und zeitraubend ist. Wie
oft im Leben geht auch das nicht mit einem großen Wurf, sondern nur als Summe
von so genannten Kleinigkeiten. In Österreich gibt es diese Kleinigkeiten, und
das sind Bereiche, in welchen aber gerade in den letzten Jahren der
Parlamentarismus stark ausgedünnt wurde.
Wir sollten uns Folgendes
vornehmen, meine Damen und Herren: Es soll keine radikalen Eingriffe in das
Begutachtungsrecht durch Setzung von kürzesten Fristen für die Begutachtung
mehr geben, und es sollte natürlich auch keine Umgehung des
Begutachtungsrechtes mehr geben.
Es sollten natürlich auch
einer Regierungsfraktion alle Rechte zustehen, aber sie sollte diese sehr
sparsam nutzen. Es sollte keine exzessive Nutzung von Oppositionsrechten durch
Regierungsfraktionen geben, wie zum Beispiel Verlangen auf Sondersitzungen,
Dringliche Anfragen, Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen et
cetera, denn in Österreich ist es so wie in allen Demokratien, wo die Wurzel
des Parlamentarismus im 19. Jahrhundert liegt: Da ist ohnedies eine große
Menge an Rechten der Regierungsmitglieder und der Minister auch im Parlament
vorhanden, wie zum Beispiel Wortmeldungen, Redezeit et cetera. Es hat die
Regierung ohnedies auch im parlamentarischen Getriebe schon von vornherein
einen Bonus, sodass es notwendig ist, das dadurch auszugleichen, dass
Regierungsfraktionen ihre parlamentarischen Rechte nicht so nutzen, dass sie
Oppositionsrechte damit ausschließen.
Wir sollten vereinbaren, dass
Ausschüsse einberufen werden, wenn es Gesetzesvorlagen gibt, und zwar auch
dann, wenn es nur Anträge sind, und nicht nur dann, wenn es Regierungsvorlagen
sind, wie es manchmal geschehen ist. Wir sollten nicht mehr zulassen, dass die
Behandlung von Gesetzesanträgen permanent vertagt wird und dadurch
Oppositionsanträge nicht einmal behandelt werden können – abgelehnt
können sie ohnehin werden. Wir sollten nicht zulassen, dass die Öffentlichkeit
von Expertenhearings in Ausschüssen ausgeschlossen wird. Wir sollten für
öffentliche Ausschusssitzungen sein.
Außerdem sollten wir, wo doch
ohnedies der Arbeitsaufwand des Parlaments durch die Übertragung von Agenden
an die EU zurückgegangen ist, darauf achten, dass dem Plenum nicht noch Dinge
weggenommen werden, weil man unbedingt eine Enderledigung im Ausschuss erzwingen
oder EU-Debatten nicht hier im Plenum führen will, sondern nur im Hauptausschuss
selbst. Wir sollten darüber hinaus schauen, dass wir uns nicht mehr der Ladung
von Auskunftspersonen verweigern.
Meine Damen und Herren! Die
Regierung selbst sollte dazu beitragen, dass die Kontrolle ihrer Arbeit möglich
ist. Es sollten Anfragen ordentlich und nicht oberflächlich beantwortet werden,
wie es gerade in den letzten Jahren sehr oft der Fall war.
Meine Damen und Herren! Es
gibt viele Dinge, wo wir im eigenen Bereich Sachen verbessern könnten, wenn wir
nur wollten. Aber wollen muss es die Mehrheit in diesem Hohen Haus, und da ist
vor allem die Regierungsfraktion gefordert. Sie muss hier wollen und dazu
bereit sein. Aber die Bereitschaft muss von allen mitgetragen werden. Meine
Fraktion ist dazu bereit. (Beifall bei der
SPÖ.)
12.25
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.
12.25
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass Herr Abgeordneter Schieder jetzt hier – ich nehme an bezie-