Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 3. Sitzung / Seite 54

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Die Einstellung der parlamentarischen Fraktionen zum Minderheitsrecht auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist sicherlich durch die Frage geprägt, ob man sich eher als potentieller Untersuchter oder primär als Untersucher sieht.

Ich weiß aus der langen Zeit der Regierungsverantwortung meiner Partei – Kollege Kukacka hat uns zu Recht daran erinnert, welche Haltung wir eingenommen haben, genauso wie er zu Un­recht Dinge hier heute gebracht hat, die nicht in diese Debatte gehören und die eigentlich nur unterstreichen, dass er manchmal die Dinge eher zu klein sieht, als dass er die Größe von Vorhaben erkennt –, dass man von der Regierungsbank aus Anträge auf Einsetzung von Unter­suchungsausschüssen nicht immer in erster Linie als Glanzlichter der Demokratie sieht, son­dern meistens mehr als politische Störmanöver, als unzulässige Stimmungsmache, als Blockie­rung und Behinderung der Arbeit der Regierung.

Aber ich weiß auch aus der Oppositionszeit meiner Partei, dass das manchmal sogar die Gründe dafür gewesen sind, warum man solche Anträge gestellt hat. In der Mehrheit der Fälle war es aber nicht so. In der Mehrheit der Fälle war es die Sorge, dass etwas nicht in Ordnung ist, war es die Sorge, dass etwas aufgeklärt gehört.

Meine Damen und Herren! Auch wir haben in der Vergangenheit dazu manchmal eine andere Haltung eingenommen, aber wir haben aus den eigenen Fehlern gelernt. Herr Kollege Kukacka! Wir alle sollten lernen – sowohl aus den Fehlern der anderen als auch aus den Fehlern, die wir selbst gemacht haben.

Wir bekennen uns heute zum Minderheitsrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüs­sen, und wir tun das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir nicht geprägt sind vom Sein, das wir hier haben, zu dem wir nicht wissen, ob wir in Kürze in der Regierung oder weiterhin auf der Oppo­sitionsbank sein werden. Auch bekennen wir uns gleichzeitig zu Regelungen, die sicherstellen werden, dass es keinen Missbrauch dieses Minderheitsrechtes gibt, dass es keine Unter­suchungsausschuss-Schwemme gibt, die schon durch den bloßen Zeitaufwand die Arbeit von Ministerien oder von Ministern stilllegt. Das Recht auf Einsetzung solcher Ausschüsse, das Recht, sie zu verlangen und sie durchzusetzen, muss auch einer Opposition zustehen!

In einem Punkt wird unser Antrag sicherlich noch zu diskutieren und zu ändern sein. In einem Punkt könnte er zum Beispiel bei einer schwarz-roten Koalition nicht demokratisch genug sein, nämlich was die Zahl der Antragsteller betrifft. Wenn „ein Drittel“ bleibt und es Schwarz-Rot gibt, dann hätte die Opposition nicht ein Drittel, und dann wäre das sicherlich keine faire Vorgangs­weise. Gerade dann, wenn eine Regierungsmehrheit sehr groß ist und vielleicht sogar eine Ver­fassungsmehrheit besteht, sind die Oppositionsrechte und die Kontrollrechte besonders wichtig.

Für diese Fälle müsste es Vorsorgen geben, um das Recht zu erhalten, und in diesem Punkt ist auch die Bereitschaft da, unseren Antrag diesbezüglich abzuändern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der nationale Parlamentarismus erlebt derzeit – und wir müssen das offen zugeben – keine Hochblüte. Immer mehr Dinge werden global und nicht national entschie­den. Wir haben zu Recht viele Dinge der Europäischen Union übertragen. Von nationalen Parlamentsrechten ist viel zum EU-Rat und zum Europäischen Parlament gegangen. Allerdings wanderte dabei viel zu wenig an Rechten zum Europäischen Parlament. Außerdem haben die Parlamente auch in ihrer Funktion als Partner der Regierung an Bedeutung verloren – nicht deshalb, weil die Regierungen nicht partnerschaftlich agieren wollen, sondern deswegen, weil auch die staatliche Ebene schwächer geworden ist. Dies geschah aber nicht bloß durch Eini­gungsprozesse und durch internationale Einrichtungen, sondern durch die neue Kraft der Kon­zerne, der Firmen, der Fonds, von Aktionärsgruppen, deren Partner auch in der Bewältigung kritischer Fragen meist nicht mehr Parlamente, ob national, regional oder international, sind, sondern öffentlichkeitswirksam auftretende NGOs, die ihre Anliegen im Gegensatz zu diesen Konzernen in der Öffentlichkeit darlegen.

 


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