Die Einstellung der parlamentarischen Fraktionen zum
Minderheitsrecht auf Einsetzung eines parlamentarischen
Untersuchungsausschusses ist sicherlich durch die Frage geprägt, ob man sich
eher als potentieller Untersuchter oder primär als Untersucher sieht.
Ich weiß aus der langen Zeit der
Regierungsverantwortung meiner Partei – Kollege Kukacka hat uns zu Recht
daran erinnert, welche Haltung wir eingenommen haben, genauso wie er zu Unrecht
Dinge hier heute gebracht hat, die nicht in diese Debatte gehören und die
eigentlich nur unterstreichen, dass er manchmal die Dinge eher zu klein sieht,
als dass er die Größe von Vorhaben erkennt –, dass man von der
Regierungsbank aus Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen nicht
immer in erster Linie als Glanzlichter der Demokratie sieht, sondern meistens
mehr als politische Störmanöver, als unzulässige Stimmungsmache, als Blockierung
und Behinderung der Arbeit der Regierung.
Aber ich weiß auch aus der Oppositionszeit meiner
Partei, dass das manchmal sogar die Gründe dafür gewesen sind, warum man solche
Anträge gestellt hat. In der Mehrheit der Fälle war es aber nicht so. In der
Mehrheit der Fälle war es die Sorge, dass etwas nicht in Ordnung ist, war es
die Sorge, dass etwas aufgeklärt gehört.
Meine Damen und Herren! Auch wir haben in der
Vergangenheit dazu manchmal eine andere Haltung eingenommen, aber wir haben aus
den eigenen Fehlern gelernt. Herr Kollege Kukacka! Wir alle sollten
lernen – sowohl aus den Fehlern der anderen als auch aus den Fehlern, die
wir selbst gemacht haben.
Wir bekennen uns heute zum Minderheitsrecht auf
Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, und wir tun das zu einem Zeitpunkt,
zu dem wir nicht geprägt sind vom Sein, das wir hier haben, zu dem wir nicht
wissen, ob wir in Kürze in der Regierung oder weiterhin auf der Oppositionsbank
sein werden. Auch bekennen wir uns gleichzeitig zu Regelungen, die
sicherstellen werden, dass es keinen Missbrauch dieses Minderheitsrechtes gibt,
dass es keine Untersuchungsausschuss-Schwemme gibt, die schon durch den bloßen
Zeitaufwand die Arbeit von Ministerien oder von Ministern stilllegt. Das Recht
auf Einsetzung solcher Ausschüsse, das Recht, sie zu verlangen und sie
durchzusetzen, muss
auch einer Opposition zustehen!
In einem Punkt wird unser Antrag sicherlich noch zu
diskutieren und zu ändern sein. In einem Punkt könnte er zum Beispiel bei einer
schwarz-roten Koalition nicht demokratisch genug sein, nämlich was die Zahl der
Antragsteller betrifft. Wenn „ein Drittel“ bleibt und es Schwarz-Rot gibt, dann
hätte die Opposition nicht ein Drittel, und dann wäre das sicherlich keine
faire Vorgangsweise. Gerade dann, wenn eine Regierungsmehrheit sehr groß ist
und vielleicht sogar eine Verfassungsmehrheit besteht, sind die
Oppositionsrechte und die Kontrollrechte besonders wichtig.
Für diese Fälle müsste es Vorsorgen geben, um das
Recht zu erhalten, und in diesem Punkt ist auch die Bereitschaft da, unseren
Antrag diesbezüglich abzuändern. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Meine Damen und Herren! Der nationale Parlamentarismus
erlebt derzeit – und wir müssen das offen zugeben – keine Hochblüte.
Immer mehr Dinge werden global und nicht national entschieden. Wir haben zu
Recht viele Dinge der Europäischen Union übertragen. Von nationalen
Parlamentsrechten ist viel zum EU-Rat und zum Europäischen Parlament gegangen.
Allerdings wanderte dabei viel zu wenig an Rechten zum Europäischen Parlament.
Außerdem haben die Parlamente auch in ihrer Funktion als Partner der Regierung
an Bedeutung verloren – nicht deshalb, weil die Regierungen nicht
partnerschaftlich agieren wollen, sondern deswegen, weil auch die staatliche
Ebene schwächer geworden ist. Dies geschah aber nicht bloß durch Einigungsprozesse
und durch internationale Einrichtungen, sondern durch die neue Kraft der Konzerne,
der Firmen, der Fonds, von Aktionärsgruppen, deren Partner auch in der
Bewältigung kritischer Fragen meist nicht mehr Parlamente, ob national,
regional oder international, sind, sondern öffentlichkeitswirksam auftretende
NGOs, die ihre Anliegen im Gegensatz zu diesen Konzernen in der Öffentlichkeit
darlegen.