Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 38

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halte es für ganz wesentlich, dass hier nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. (Allgemeiner Beifall.)

Wie geht es nun mit der inneren Sicherheit Österreichs weiter? – Die Bundesregierung trifft mit größtmöglicher Umsicht alle notwendigen Vorkehrungen, um die Bürger im Inland, aber auch in den Krisenregionen selbst zu schützen. Ich sage hier ganz offen: Keine Regierung der Welt kann Terrorakte ausschließen, aber wir müssen das Denkmögliche tun, um Terror zu verhin­dern. Es besteht auch derzeit kein Anlass zur Annahme, dass Österreich besonderen zusätz­lichen Gefährdungen ausgesetzt ist. Es gibt Grund zur Wachsamkeit, nicht jedoch zu Angst.

Was tut die Bundesregierung zum Schutz der Bürger? – Das Außenministerium ist zum Schutz österreichischer Staatsbürger in ständigem Kontakt mit den Vertretungsbehörden. Rund um die Uhr wurde ein Telefonservice eingerichtet, das bereits von Tausenden Menschen in Anspruch genommen wurde. Das Verteidigungsministerium überwacht das Staatsgebiet einschließlich des Luftraums – gerade in der jetzigen Situation ein besonders wichtiger Verteidigungs- und Neutralitätsfall. Das Innenministerium hat den Schutz allenfalls gefährdeter Personen und Objekte deutlich erhöht und trifft gemeinsam mit den NGOs und mit den Ländern Vorkehrungen zur Aufnahme von möglicherweise nach Österreich kommenden irakischen Flüchtlingen. Die Vorbereitung und Koordination humanitärer Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene ist ebenfalls angelaufen.

Noch eine Frage: Hat Österreich genug zur Vermeidung dieses Konflikts, zur Konfliktverhütung getan? – Wir sollten hier den Sinn für Proportionen wahren. Österreich ist auf Grund seiner Größe und seiner geographischen Lage nur gemeinsam mit anderen europäischen Ländern dazu imstande, wirksam einen Beitrag zur Konfliktverhütung zu leisten. Friedensbewahrung und Friedensstiftung gibt es nicht im Alleingang.

Wir haben uns daher sehr intensiv – in der Person der Außenministerin beziehungsweise ich als Regierungschef – um eine gemeinsame Stimme Europas bemüht. Wir haben als UNO-Sitz-Staat aktiv an der Wiederaufnahme der Gespräche zwischen der irakischen Führung und den UNO-Chefinspektoren mitgewirkt. Wir haben der UNO österreichische Inspektoren und Experten zur Verfügung gestellt. Wir haben auf diplomatischer Ebene Anstrengungen unter­nommen, das Friedenspotential in Kontakten mit den arabischen Staaten zu erhöhen. Wir haben den Dialog der Zivilisationen – Christentum, Judentum, Islam – begonnen. Wir wollen dies gerade in diesen Zeiten fortsetzen. Es geht darum, diesen Dialog jenseits des Atlantiks, aber auch mit der arabischen Welt nicht abreißen zu lassen.

Es gibt noch etwas, worauf ich stolz bin, worauf wir alle stolz sein können: Dass wir in Öster­reich nicht erst seit dem 11. September 2001 oder erst seit jetzt ein funktionierendes Miteinan­der der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Religionen haben. In Österreich ist das fried­liche Zusammenleben zwischen Christen, Juden und Moslems gelebte tägliche Wirklichkeit. Dafür möchte ich allen danken, die hiezu ein konkretes Stück an Friedensbewältigung beitragen. (Allgemeiner Beifall.)

Das ist übrigens gar nicht so selbstverständlich, denn es war noch in der Monarchie, im Jahre 1912, als der Islam als offizielle Religion in unserer Heimat anerkannt worden ist. Dies war eigentlich ein beispielhafter Alleingang zur damaligen Zeit und ist auch heute noch ein Vorbild für viele andere europäische Länder.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir mit dieser gemeinsamen Haltung einen ganz wichtigen Schritt setzen. Aber in Wirklichkeit – ich sage das hier ganz offen – beginnt natürlich die politische Arbeit in diesem Bereich in der Zeit nach dem Krieg. Darin werden wir uns sehr aktiv und gemeinsam einzubringen haben.

Das zweite Thema beim Europäischen Rat vorige Woche in Brüssel war die so genannte Lissabon-Strategie. Nach einem Drittel des Weges bis zum Jahr 2010 sollte gefragt werden: Wo stehen wir eigentlich? Sind wir wirklich auf dem Weg, die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein


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