Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 145

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Das gibt es jetzt nicht mehr, weil eine bauliche Trennung zwischen dem Gefangenentrakt und dem Gerichtstrakt besteht. Die Jugendlichen gehen jetzt direkt durch eine Tür in ihre Verhand­lungs­säle. Das hat es bis dahin nicht gegeben. Der einzige Kontakt, der besteht, ist theoreti­scher Natur: Es kann von manchen Erwachsenenzellen in die beiden Höfe der Jugendlichen, wo diese spazieren gehen und Sport betreiben dürfen, eingesehen werden. Das ist der einzige Kontakt, der geblieben ist. Weniger geht einfach nicht! Früher war viel mehr Kontakt mit Er­wachsenen möglich und auch das entsprechende Sicherheitsrisiko vorhanden.

Ich verstehe nicht, Frau Abgeordnete, warum Sie gerade das heute verschwiegen haben. (Abg. Mag. Stoisits spricht mit Abg. Dr. Glawischnig.) Ich verstehe auch nicht ganz, warum Sie mir ge­rade jetzt, wo es um die Fakten geht, bewusst Ihre Aufmerksamkeit nicht zuwenden.

Wir haben eine Reform des Jugendstrafrechtes wie beschrieben durchgeführt, und wir haben auch den Jugendstrafvollzug verbessert. Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass wir das Netzwerk zerschlagen hätten. Weder Herr Abgeordneter Jarolim, der nicht mehr im Saal ist (Abg. Dr. Puswald: Er ist da!) – danke –, noch Frau Abgeordnete Stoisits haben irgendein Ar­gu­ment dafür gebracht, dass dieses Netzwerk nicht mehr funktionieren sollte. Ich habe sogar Herrn Präsidenten Jesionek, mit dem Sie mir ein Problem unterstellen, das ich nicht habe, an­geboten, dass er mit der von ihm geleiteten Organisation „Weißer Ring“ im Landesgericht für Strafsachen Wien Logis findet. Er hat das abgeschlagen; warum, weiß ich nicht.

Mein erster Kontakt im Ministerium war, dass ich ihm für seine Organisation „Weißer Ring“ 100 000 S akontiert habe, damit er Verbrechensopfer unterstützen kann. – Diese Regierung war die erste Regierung, die einen derartigen Fonds überhaupt eingerichtet hat. Warum ver­schwei­gen Sie das, Frau Abgeordnete? Ich finde das nicht fair.

Ich sage Ihnen noch einmal: Interessieren Sie sich endlich für die Baulichkeit Jugendgerichtshof Rüdengasse! Man kann die dort vorhandenen 40 Zellen nicht erweitern oder ergänzen, weil die­ses Gebäude nämlich unter Denkmalschutz steht. Sie können in 40 Räumen, in 40 Zellen nicht 170 Gefangene unterbringen. Bitte, erklären Sie mir, wie Sie das hätten machen wollen!

Zum Engagement selbst; ich sage es Ihnen ganz offen: Das Engagement bessert sich Gott sei Dank! Sie alle kennen den Begriff des außergerichtlichen Tatausgleiches. Das ist jene Form der Di­ver­sion, bei der sich der Richter und/oder der Staatsanwalt hinsetzen und zwischen dem Opfer und dem jugendlichen Täter einen Ausgleich herbeiführen. Das ist der außergerichtliche Tat­ausgleich – eine mühevolle Sache und ein Gradmesser für persönliches Engagement eines Staats­anwaltes und eines Richters.

Ich nenne jetzt die Zahlen – bitte, nehmen Sie zur Kenntnis, welches Engagement am Jugend­ge­richtshof Wien geherrscht hat; ich rede von der Vergangenheit, ich kritisiere keine aktuellen gerichtlichen Verfahren oder Entscheidungen –:

In der 2-Millionen-Einwohner-Stadt Wien wurde 40 Mal der außergerichtliche Tatausgleich durch­geführt, in Ried im Innkreis 61 Mal, in Salzburg 304 Mal. Das einzige Gericht in ganz Ös­ter­reich, bei dem der außergerichtliche Tatausgleich weniger oft als in Wien – in der 2-Millionen-Ein­wohner-Stadt! – durchgeführt wurde, war Krems mit 35 Mal. – Das ist ein zu geringes En­gage­ment! Nach unseren Maßnahmen hat es sich wesentlich verbessert. Wien hat seine An­zahl an außergerichtlichen Tatausgleichen verdrei- bis vervierfacht.

Warum denn wohl? – Weil man dort endlich damit begonnen hat, über das eigene Engagement nach­zudenken. Warum funktioniert es denn im restlichen Österreich besser? – Weil sich auch die beste Absicht – und diese beste Absicht stammt aus dem Jahre 1928 – einmal überleben kann, und sie hat sich überlebt. Im restlichen Österreich funktioniert der Jugendstrafvollzug bes­ser und mit mehr Engagement.

Sie werden sehen – genauso wie bei der gemeinsamen Obsorge beider Elternteile –: Das ist ein Schritt in Richtung Verbesserung, das ist ein Schritt in Richtung mehr Zuwendung zu den


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