17.03
Abgeordneter
Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr
Finanzminister! Herr Wirtschaftsminister! Ich habe mir bei der gestrigen
Budgetrede – abgesehen von den mittlerweile schon mehrfach erwähnten,
interessanten und trickreichen Berechnungen, insbesondere was das Wissenschafts-
und Bildungsbudget betroffen hat – einige Male gedacht: Ja, da kommt jetzt
die Ideologie doch ganz gut durch. – Darauf wurde in der Debatte ein
bisschen zu wenig hingewiesen.
Ich habe zum
Beispiel mit Interesse gelesen, dass Sie Ihre Dissertation zum Thema Senkung
der Abgabenquote bis 2010 auf 40 Prozent oder auf unter 40 Prozent
schreiben.
Oder: Auf
Seite 6 im schriftlichen Exemplar Ihrer Budgetrede schreiben Sie, und Sie
haben es hier auch tatsächlich gesagt – ich zitiere –:
„Wer Armut wirksam
bekämpfen will, ... der muss unsere Unternehmen von Fesseln und Belastungen
befreien und ein Klima schaffen, in dem sich Leistung für den Einzelnen wieder
lohnt. Wir wollen daher weniger Staatseinfluss und mehr Markt.“
Ich meine, das
kennt man aus der aktuellen Diskussion. Man weiß, wo das ideologisch zuzuordnen
ist. Aber insbesondere im Zusammenhang mit Armutsbekämpfung hat das schon eine
neue Qualität. Als Gesamtausrichtung habe ich das schon öfter gehört, aber bei
der Armutsbekämpfung ist das ungewohnt, weil wir genau wissen, wo Armut
auftritt.
Wenn ich mir
anschaue, wie sich etwa diese Pensionsreform insbesondere bei den Mindestpensionisten
auswirken wird, dann muss ich sagen, wir wissen doch genau, dass dort die Armutsfalle
immer mehr aufgeht.
Die Antwort, dass
quasi die Unternehmen für die dann 65- oder 70-Jährigen offenbar
den Ausgleich schaffen sollen, die ist, so denke ich, schon mehr als
neoliberal, oder wie immer man das bezeichnen mag. So ist diese Ideologie in
meinen Augen zu werten. Daher meine ich, in den nächsten Jahren, solange Sie am
Ruder sind, kann ja noch einiges an Merkwürdigem in unserem Land passieren.
Auf Seite 20
gibt es eine ähnliche Passage. Darin heißt es: „Hohe Steuern sind ein Zeichen
des Wohlfahrtsstaates alter Prägung.“ – Und weiter: „Steuern senken heißt
Freiheit schenken!“
Ich habe von Ihnen
auch wörtlich gehört, dass Sie im Gesundheitssystem auch deshalb für
Selbstbehalte eintreten, weil Selbstbehalte nicht der Abgabenquote unterworfen sind
und sich das somit steuerlich einfach besser auswirkt.
Aber wenn man sich
die Realität anschaut, dann sieht man eben, wie unterschiedlich sich Beiträge
und Abgaben beziehungsweise Selbstbehalte auswirken. Selbstbehalte werden nur
von jenen bezahlt, die krank sind, die betroffen sind, während eine
solidarische Finanzierung immer bedeutet, dass es eine Risikoverteilung
gibt. Und von dieser halten Sie, glaube ich, in der Budgetpolitik relativ
wenig.
Ich muss sagen,
ich sehe das doch mit sehr gemischten Gefühlen. Ihre ersten Budgetreden haben
zwar mehr plakative Sätze enthalten, aber Ihre Ideologie, die jetzt
durchbricht, war so deutlich noch nie spürbar. Ich glaube, dass sich dieses
Land auf einiges gefasst machen kann, wenn Sie hier noch lange Zeit fuhrwerken
dürfen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenbemerkung von
Bundesminister Mag. Grasser.)
Aber kommen wir
zum Bildungsbudget zurück, zu dem Sie in meinem Rücken jetzt gemeint haben,
dass dies schon dem Haushaltsrecht entspricht. – Es hat bestimmt niemand
behauptet, dass Sie hier in den Budgetteilen falsch verbuchen. Das mag schon so
sein. Dass Ihre Äußerung dazu dem Haushaltsrecht entspricht, dass nämlich die
Ausgaben auf über 9 Milliarden € steigen werden, ist formal auch noch
korrekt.