Meine Damen und
Herren! Die Regierung behauptet stur, sie wolle nicht nachgeben und sie habe
kein Verständnis für politische Streiks. Natürlich sind politische Streiks
problematisch, doch die Gewerkschaft veranstaltete am Dienstag keine
politischen Streiks, sondern von allen Gewerkschaftsfraktionen abgesegnete
und daher legitime Abwehrstreiks gegen Angriffe auf die Lebensstandardsicherung
und das Einkommen der Arbeitnehmerschaft im Alter. Nehmen Sie das doch endlich
zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Meine Damen und
Herren! Ein Bundeskanzler, ein Finanzminister, die derartige Ziele verfolgen,
haben vom wirklichen Arbeitsleben nicht die geringste Ahnung. (Beifall bei
der SPÖ und den Grünen.) Ich werde Ihnen das anhand jener Menschen erläutern,
die in unserer Gesellschaft die schwerste Arbeit verrichten, nämlich anhand der
Schichtarbeiter. Es sind dies meine Kollegen, für die ich heute hier eintrete.
Arbeitsmediziner
haben festgestellt, dass pro Jahr geleisteter Schichtarbeit die Lebenserwartung
im Durchschnitt um drei bis vier Monate sinkt. Das hat zur Folge, dass
Schichtarbeiter eine durchschnittliche Lebenserwartung von erschreckend
niedrigen 63 Jahren haben, meine Damen und Herren von den
Regierungsparteien! Nach den Pensionsplänen der Regierung bedeutet das nichts
anderes, als dass Sie die Menschen, die ihr Leben lang härtest und unter schwierigsten
Bedingungen gearbeitet haben, bis in den Tod hinein schuften lassen wollen,
denn diese Menschen erleben das Pensionsantrittsalter von 65 Jahren im
Durchschnitt gar nicht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Meine Damen und
Herren! Ich lade Sie deshalb ein, an einem Hochofen der VOEST Alpine zu arbeiten,
und zwar unter den gleichen Bedingungen und mit der gleichen Bezahlung wie ein
richtiger Arbeiter am Hochofen. Dann würden Sie erfahren, was es heißt,
wirklich unter schwersten Bedingungen Schichtarbeit zu leisten. Sie würden
erkennen, dass Sie keine Ahnung von der wirklichen Arbeitssituation der
Menschen in Österreich haben, und Sie würden vielleicht eher von Ihrem hohen
Ross heruntersteigen. Als Christlich-Soziale, als welche sich manche in der
Bundesregierung ausgeben, müssten Sie sich für Ihren Entwurf schämen und in
Reue umkehren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Der Herr Bundeskanzler
hat sich gestern hier im Hohen Haus gegen die Verwendung des Wortes
„Pensionsraub“ ausgesprochen. – Ich frage Sie: Wie sonst wollen Sie die
Tatsache bezeichnen, wenn ein Schichtarbeiter jahrzehntelang in die
Pensionsversicherung einzahlt und dann durch Ihr brutales Hinaufsetzen des
Pensionsantrittsalters auf 65 Jahre die Pension gar nicht mehr genießen
kann, weil seine Gesundheit durch unglaublich harte Schichtarbeit vorzeitig
ruiniert wurde? Das ist und bleibt für diese Menschen Pensionsraub, den Sie
hier begehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Meine Damen und
Herren! Auch Wolfgang Schüssel wird von mir und meinen Kollegen in unserem
Betrieb recht herzlich eingeladen, das Angebot eines Ferialpraktikums am Hochofen
anzunehmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Ich bin nämlich
wie meine Kollegen davon überzeugt, dass er diese kaltschnäuzige und brutale
Vorgangsweise nach diesem „Berufsschnuppern“ am Hochofen überdenken wird (Zwischenrufe
bei der ÖVP und den Freiheitlichen) und stattdessen einer umfassenden und
modernen Pensionsreform gemeinsam mit den Sozialpartnern und den betroffenen
Menschen in den Betrieben zustimmen wird. Der Schlüssel zur Bereinigung der
Situation liegt bei Schüssel, bei niemandem sonst! (Beifall bei der SPÖ
und den Grünen. – Abg. Wittauer:
Vorschläge machen!)
19.51
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.
19.51
Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Lieber (in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Staaatssekretärs Dr. Finz) – einsamer – Herr Staatssekretär! (Abg. Wittauer: Der Herr Bürgermeister wird hoffentlich nicht über den Hochofen reden, weil den hat er auch noch nie gesehen!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt könnt ihr wieder